Mehr Schutz für Insekten - wir haben es mit dem Licht übertrieben

Die Natur kennt keine nützlichen und unnützen, guten oder bösen Insekten. Konstantin Groß begrüßt eine insektenfreundliche Beleuchtung - zum Schutz des Ökosystems

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Konstantin Groß
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Insektenfreundliche Beleuchtung – ich spüre geradezu die Skepsis mancher Leser, die beim Frühstück auf der Terrasse von einer Wespe oder abends im Biergarten von Schnaken ge-, ja zerstochen werden. Doch gut, dass sie weniger werden, mag man denken. Ein gerade derzeit auch beliebter Einwand: „Wohl wieder so eine Idee der Grünen“. All diese Einwände, sie sind verbreitet, aber nicht stichhaltig.

Jedes Insekt hat seine Funktion im Ökosystem

Denn es gilt: Die Natur kennt keine nützlichen und unnützen, guten oder bösen Geschöpfe. Jedes hat seine Funktion. So sind Insekten für ein Ökosystem unerlässlich, auch wenn sie nicht unserem kulturell tradierten Idealbild der Biene Maja und ihrer Freunde Flip und Willi entsprechen: wichtig als Reinigungstrupp in Wald und Wiesen, als Bestäuber von Pflanzen, als Element der Nahrungskette, an deren Ende wir Menschen stehen. Insektenschutz ist daher im Kern Menschenschutz. Traurig, dass man solche Grundlagen der Biologie auch fast 200 Jahre nach Entstehen der Disziplin der Zoologie noch anführen muss.

Natürlich retten die Lampen am Promenadenweg in Brühl nicht die Welt. Aber sie sind ein Baustein. Ein Baustein, der wichtig ist, damit das Haus namens Ökosystem nicht einstürzt.

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Es gibt widerstreitende Interessen

Allerdings darf man bei Straßenlaternen nicht stehen bleiben. Es gibt, um im Bild zu bleiben, weitere Baustellen: Sportanlagen, die bis ins letzte Eck ausgeleuchtet sind wie Fernsehstudios, oder private Grundstücke; in mancher Siedlung ist es auch nachts taghell. Da es hiergegen leider (noch) keine rechtlichen Möglichkeiten gibt, ist Informieren und Motivieren nötig.

Zu beachten ist zudem, dass aus ökologischer Sicht durchaus auch widerstreitende Interessen bestehen, etwa zur Verkehrswende. Mit dem Ausbau von Radwegen am Rande und innerhalb von Naturflächen entsteht auch Bedarf nach deren Ausleuchtung. Oder die Abwägung gegenüber Sicherheit: Kommunalpolitiker können ein Lied davon singen, wie oft Bürger fordern, diesen oder jenen Weg zu beleuchten, damit er sicherer wird. Dunkle Wege sind eben Angsträume. Und so weiß die Polizei, dass im Dunkeln nicht nur besser gemunkelt wird als im Hellen.

Wir haben es in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Licht übertrieben

Insofern darf man auch bei diesem Thema das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Denn natürlich sind helle Städte historisch betrachtet eine zivilisatorische Errungenschaft; auch in diesem sehr wörtlichen Sinne war das Mittelalter noch dunkel. Aber wir haben es, vor allem in den zurückliegenden Jahrzehnten, mit dieser Erhellung einfach übertrieben. Wie mit so vielem.

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