Kommentar Maßregelvollzug im Faulen Pelz von Anfang an in der Kritik

Die Reaktivierung des ehemaligen Altstadtgefängnisses in Heidelberg war von Anfang an ein konfliktbeladenes Thema. Jetzt hat die unselige Geschichte eine tragische Wendung genommen. Das gibt zu denken, so Bernhard Zinke

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Bernhard Zinke
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Die Reaktivierung des Altstadt-Gefängnisses „Fauler Pelz“ für den Maßregelvollzug stand von Anfang an in der Kritik: Alkohol- und suchtkranke Straftäter beginnen hier ihre Therapie. Und das ganz offenkundig nicht unter Idealbedingungen. Noch sind die Umstände des tragischen Todes eines Patienten nicht geklärt. Es ist keinesfalls erwiesen, welche Umstände zu dem Ereignis führten. Es gilt die Unschuldsvermutung in alle Richtungen. Fakt ist aber: Ein Mensch ist im „Faulen Pelz“ gestorben. Und das gibt zu denken.

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Nicht bewahrheitet haben sich die Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger, dass von der Einrichtung für das Umfeld eine Gefahr ausgeht. Die Patienten bekommen keinen Ausgang. Auch die baulichen Voraussetzungen sind nicht der Knackpunkt. Es sind vielmehr die Rahmenbedingungen des Maßregelvollzugs, die Fragen aufwerfen. Immerhin stehen massive Vorwürfe im Raum, verfasst von rund 20 Anwälten in einem gemeinsamen Brandbrief. Zwar haben die Juristen signalisiert, dass es konstruktive Gespräche gab, aber mit der Aufarbeitung der Vorwürfe, die sich auf die Sicherheitsfirma bezogen, zeigten sie sich nicht zufrieden. Wenn es sich bewahrheiten sollte, dass ausgerechnet im Maßregelvollzug mit suchtkranken Straftätern gedealt wird, dann ist das ein Skandal.

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Auf der anderen Seite war der „Faule Pelz“ auch für das Stuttgarter Sozialministerium keine Ideallösung, sondern nur die beste aller schlechten Möglichkeiten, kurzfristig Therapieplätze zu finden. Davon gibt es nämlich bei Weitem nicht genug. Und deshalb musste das Land im vergangenen Jahr 32 suchtkranke Straftätervorzeitig entlassen – trotz der Zwischennutzung des „Faulen Pelz“. Auch in den Vorjahren hatte es Entlassungen in gleichen Größenordnungen gegeben.

Es müssen also dringend weitere Plätze geschaffen werden, aber eben nicht in aller Eile wie in Heidelberg, sondern durch den Ausbau der klinischen Standorte, mit all der dort vorhandenen Erfahrung. Und auch bei der Rechtssprechung muss nachgeschärft werden, das Problem nicht immer mehr auf den Maßregelvollzug abgewälzt werden. In Heidelberg ist das Thema in einem Jahr erledigt – hoffentlich ohne weitere Tragödien.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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