Den eigentlichen Kracher liefert Ulrike Stöcks Junges NTM. Sie liefert sechs, je nach Zählart gar sieben Uraufführungen in und für alle (Schul-)Klassen, stemmt 19 Wiederaufnahmen, führt junges Publikum an Sprechtheater, Musiktheater, Tanz und zeitgenössische performative Formen heran und arbeitet mit Kunstschaffenden der Freien Szene zusammen. Sie hat ihr Profil somit deutlich geschärft, was man auch von ihrem Kollegen Stephan Thoss behaupten kann.
Aus der Not der Spielstättenbeschränkung des kargen Tanzhauses Käfertal macht er eine Tugend, lässt sein Ensemble improvisieren und selbst choreographieren. All das nicht, ohne mit „Don José“ ein thematisch griffiges Handlungsstück mit Ausstattung anzubieten. Sicher, manches ginge da größer, opulenter, mit mehr Orchesterbeteiligung und Bühnenbild …, wenn eben diese Baustellen- und Ersatzspielstättenkleinteiligkeit nicht gesetzt wäre.
Das Erfreulichste am neuen Spielplan ist aber, dass selbst Schauspielintendant Christian Holtzhauer an einem für ihn vertretbaren Spagat gefeilt hat. Mit „Klassikern“ wie Melville, Shakespeare und Brecht, die sicher nicht als solche zu sehen sein werden, stellt er sich merklich breiter auf. Ohne seine sperrige und (zu Recht) oft gescholtene monothematische Setzung mit feministisch-migrantischem Dauerfeuer zu verraten, erweitert er sein Spektrum. Das Eine tun, ohne das Andere zu lassen, ist zumindest ein Schritt in Richtung Publikum.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Nationaltheater Mannheims Schauspiel stellt sich spürbar breiter auf
Die Zahlen im Alten Kino Franklin seien glänzend, verkündet Kulturbürgermeister Michael Grötsch. Ein wenig weit weg vom Theaterpublikum ist Christian Holtzhauers Schauspiel dennoch. Nun scheint er sich ein wenig zu bewegen...