Kommentar Mannheimer Trinker-Anlaufstelle: Gut genutztes Geld

Timo Schmidhuber über die Arbeit des Café Anker

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Timo Schmidhuber
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Die Entscheidung im Mannheimer Gemeinderat dürfte nur noch Formsache sein. Das Café Anker im Jungbusch darf seine Arbeit über die Modellphase hinaus fortsetzen, zunächst bis einschließlich 2025. Die Einrichtung ist eine Anlaufstelle für Trinker. Die Betroffenen können dort ihren mitgebrachten Alkohol konsumieren, sie bekommen Therapieangebote und Hilfe im Alltag. Gleichzeitig will man erreichen, dass Trinker ihren Tag nicht auf Plätzen in der Innenstadt verbringen, was viele Passanten, Händler und Anwohner stört.

Dass die Arbeit im Café Anker weitergeht, ist nur folgerichtig - aus mehreren Gründen. Ein Angebot wie dieses braucht naturgemäß Zeit, sich zu etablieren. Es wäre ziemlich kurz gesprungen, ihm nach so kurzer Zeit den Geldhahn wieder zuzudrehen. Gleichzeitig zeigen Auswertungen bereits Erfolge - auch wenn alles unter dem Vorbehalt steht, dass wegen Corona in der Innenstadt in den vergangenen Monaten alles andere als Normalität herrschte. Dennoch: Das Café Anker hatte zuletzt zwischen 50 und 100 Besucher am Tag. Und bei den Behörden gingen weniger Beschwerden über grölende Menschen auf Plätzen ein. Wobei man sich keine Illusionen machen darf: Auch das Café Anker wird nicht dafür sorgen, dass Trinker komplett aus der Öffentlichkeit verschwinden.

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Im Jahr 2016 hatte der Gemeinderat die Einrichtung auf den Weg gebracht. Es war eine weitsichtige und humane Entscheidung von Politik und Verwaltung. Auf die Probleme mit Trinkern wurde nicht mit reiner Vertreibung reagiert, sondern mit einem Hilfsangebot. Bis zur Eröffnung des Café Anker im August 2020 dauerte es dann aber leider sehr lange. Eigentlich wollte die Verwaltung die Einrichtung in der Innenstadt ansiedeln, fand dort aber keine passende Immobilie und wich deshalb am Ende auf ein eigenes Grundstück im Jungbusch aus. Kritiker monieren immer wieder, dass eine solche Einrichtung zentraler liegen müsste. Damit haben sie Recht. Trotzdem ist eine etwas entfernte Anlaufstelle besser als gar keine.

In der Auswertung der bisherigen Arbeit wird auch auf Befragungen unter den Besucherinnen und Besuchern verwiesen. Ein Ergebnis: Der Gesundheitszustand vieler Betroffener habe sich verbessert. Sie würden weniger trinken, weil ihnen das Café Anker einen Rückzugsort biete und den Stress nehme. Die Kosten für die Einrichtung sind zwar nicht gerade gering. Aber Ergebnisse wie diese zeigen, dass es gut genutztes Geld ist.

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim