Erinnerungskultur Kinderhaus-Umbenennung richtig, aber die Straße muss folgen

Das Kinderhaus im Stadtteil Schönau ist nicht länger nach dem Hitler-Anhänger Johann Schütte benannt. Das findet Redakteur Konstantin Groß richtig. Nun müsse aber die Umbenennung der davor verlaufenden Schütte-Straße folgen.

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Konstantin Groß
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Die Nachricht sorgt im November für Schlagzeilen: Eltern und Personal der Anne-Frank-Kita einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt fordern einen neuen Namen. Die Kinder, so die Begründung, könnten mit dem Schicksal jenes jüdischen Mädchens, das sich verbergen muss und am Ende in einem KZ zu Tode kam, „nichts anfangen“. Es bedarf erst eines bundesweiten Aufschreis, damit die dortige Verwaltung von einer Umbenennung ablässt.

Wie anders, ja gegenteilig, nein: vorbildlich, läuft das in Mannheim! Hier verliert eine Kindertagesstätte ihren Namen, weil dieser einem üblen Antisemiten und Hitler-Verehrer gehört.

Gedenkstein für Johann Schütte ist eine Zumutung

Nichts Anderes nämlich war Johann Schütte, wie auch die Universität seiner Geburtsstadt Oldenburg in einem Gutachten nachgewiesen hat. Exemplarisch erwähnt sei hier nur, dass Schütte selbst sich stets als Anhänger des Nationalsozialismus bezeichnete und als Präsident der Schiffbautechnischen Gesellschaft (STG) die Verantwortung trug für das Verstoßen jüdischer Ingenieure aus dieser STG. Der Gedenkstein für ihn auf der Meile der Innovationen am Mannheimer Schloss erwähnt dies alles mit keinem Wort; dieser ist daher für jeden historisch bewussten Bürger eine Zumutung. Denn an Schütte ist im Wortsinne nichts ehrenwert.

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"Johann-Schütte-Straße" ist nicht tragbar

Das mag sein, wird mancher sagen, aber man müsse doch Leben und Werk getrennt sehen; sowas hören wir über moralisch kontaminierte Geistesgrößen seit 1945. Doch das ist und bleibt unhistorisch, die jetzige Umbenennung des Kinderhauses Schönau daher richtig, ja überfällig.

Schade nur, dass man dabei irgendwie „auf dem halben Wege stehen“ bleibt. Schön wäre nämlich die Neubenennung nach einer moralisch vorbildlichen Persönlichkeit gewesen. Es muss ja nicht immer Anne Frank sein. Warum etwa nicht den großen Mannheimer Eugen Neter ehren. Jenen jüdischen Kinderarzt, der 1940 seinen kleinen Patienten und den Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde ins Lager Gurs folgt, obgleich er selbst auf Grund seiner nicht-jüdischen Ehefrau davon verschont geblieben wäre.

Und zum Zweiten bleibt da ja noch die Johann-Schütte-Straße. Wenn der Namenspate für eine kommunale Einrichtung nicht taugt, dann ist er auch und gerade für eine Straße nicht tragbar.

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