Nun hängen sie endlich, die Zusatzschilder in der Hans-Pfitzner-Straße. Sie brandmarken den Namensgeber in eindeutigen Worten als das, was dieser Judenhasser und Hitler-Fan auch war: „Zeitlebens ausgeprägter Antisemit und Anhänger des Nationalsozialismus“. Doch das Zusatzschild ist nur zweitbeste Lösung, nach Scheitern der einzig angemessenen: der Umbenennung.
Das Urteil über die Umsetzung der stattdessen beschlossenen Erläuterungen fällt zwiespältig aus: Die dreizeilige Ergänzung direkt am Schild ist tadellos, der Text hinter dem QR-Code jedoch enttäuschend. Hier kommt Pfitzner eher als kauziger Eigenbrötler rüber denn als der bösartige Nazi und Judenhasser, der er war.
Mit ihrer Entscheidung vom Juni gegen eine Umbenennung ist die Mehrheit des Rates nicht nur ihrer Verantwortung vor der Geschichte nicht gerecht geworden; sie hat es vor allem versäumt, ein Zeichen gegen den Rechtspopulismus zu setzen. Doch dieses wäre gerade heute und gerade hier in Schriesheim unerlässlich.
Die Weinstadt ist längst eine Hochburg des Rechtspopulismus in der Region: mit dem einzigen AfD-Stadtrat in einer Kommune dieser Größe, gleich zwei Schriesheimer AfDlern im Kreistag, einem vom AfD-Stadtrat Kröber geführten „Demokratie- und Kulturverein“, der im Vereinsteil des mit Steuermitteln subventionierten Amtlichen Mitteilungsblattes seine kruden Thesen verbreitet.
In der jüngsten Ausgabe seiner eigenen „Zeitung“ jubelt Kröber denn auch, die Umbenennung sei mit der „bürgerlichen Mehrheit von CDU, Freien Wählern, FDP, AfD“ abgelehnt worden. Ist ja eine „super Nachbarschaft“, in die sich CDU, Freie Wähler und FDP da hineinmanövriert haben!
Ob die Gegner der Ablehnung den Anwohnern damit langfristig einen Gefallen getan haben, das bleibt fraglich. Was ist schöner: In einer Straße zu wohnen, die - wie von den Grünen vorgeschlagen - nach der wunderbaren Clara Schumann benannt ist, oder nach einem Typen, der sichtbar als „Antisemit und Anhänger des Nationalsozialismus“ ausgewiesen wird? Macht es da noch Spaß, in dieser Straße Gäste zu empfangen? Auch mit den Erläuterungen bleiben die Schilder „Hans-Pfitzner-Straße“ für jeden geschichtsbewussten Bürger ein Ärgernis.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/meinung/kommentare_artikel,-kommentar-hans-pfitzner-strasse-bleibt-eine-provokation-_arid,2023729.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/schriesheim.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar "Hans-Pfitzner-Straße" bleibt eine Provokation
Im Juni hatte Schriesheims Gemeinderat die Umbenennung der nach dem Judenhasser Hans Pfitzner benannten Straße abgelehnt. Stattdessen wurden jetzt erläuternde Schilder installiert - Notlösung, findet Redakteur Konstantin Groß