Die Strafe der Götter war hart: Sisyphos, eine Figur der griechischen Mythologie, musste wegen seiner Verfehlungen einen Felsblock auf einen Berg hinaufwälzen. Oben angekommen rollte der Brocken wieder ins Tal, die Schufterei ging von vorne los. So entstand der Begriff Sisyphosarbeit. Ein wenig wie Sisyphos müssen sich alle fühlen, die Kita- und Krippenplätze massiv ausbauen möchten. Bis zu 5000 werden in den nächsten Jahren in Mannheim zusätzlich gebraucht. Es gibt zwar Fortschritte auf dem Weg zu diesem ehrgeizigen Ziel – aber leider immer wieder auch schwere Rückschläge.
So steigt die Nachfrage schneller als das (neu geschaffene) Angebot. Mehrere Projekte werden von streitlustigen Anwohnern blockiert, die zwar prinzipiell für mehr Kita-Plätze sind – aber bitte nicht in der direkten Nachbarschaft. Als Nadelöhr erweist sich immer stärker das knappe Personal, mühsam gestaltet sich ebenfalls die Suche nach geeigneten Standorten.
Wenn vor diesem Hintergrund ein Projekt, das die Verwaltung fest eingeplant hatte, scheitert, sorgt das verständlicherweise für Verdruss. Wie jetzt im Falle der ehemaligen evangelischen Einrichtung Rottannenweg in der Gartenstadt. Auf dem Grundstück wollte die Stadt eine dreigruppige Kita bauen, jetzt hat es die Kirche an einen Immobilienentwickler verkauft, der dort Wohnungen plant.
Es ist nicht der erste Rückschlag, der auf das Konto der Evangelischen Kirche geht. Im August 2021 verkündete sie, dass sie unter anderem aufgrund stark gestiegener Baukosten zwei Neubau-Vorhaben nicht realisieren könne. Der nächste Schlag ins Kontor folgte Anfang Januar, als die Kirche die vorzeitige Schließung von drei Kitas ankündigte. Und jetzt die Mitteilung, dass im September voraussichtlich 75 Plätze wegfallen und der Standort Rottannenweg für eine Kita nicht mehr zur Verfügung steht.
Das führte zu harschen Reaktionen, von Vertrauensbruch und gebrochener Zusage schrieb Bürgermeister Grunert in einer internen Mail an die Fraktionen. Im direkten Gespräch an diesem Mittwoch konnten einige Missverständnisse ausgeräumt werden. Gut so! Denn letztlich handelt die Kirche deshalb unpopulär, weil sie finanziell und personell mit dem Rücken zur Wand steht. Unter anderem wegen ausufernder Baukostensteigerungen. Das sollte für Verwaltung und Politik Anlass genug sein, schnell und umfassend die finanzielle Förderung der freien Träger auf neue Füße zu stellen. Sonst droht der Felsbrocken immer und immer wieder ins Tal zu rollen.
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Bertram Bähr zum Streit zwischen Stadt und Evangelischer Kirche