Das im Hygiene-Prozess gefällte Urteil dürfte auch jenseits der Krankenhausbranche so manchem Geschäftsführer mit Schrecken in die Glieder fahren. Schließlich lautet die juristische Botschaft: Männer und Frauen in Chefpositionen tragen auch für Fehler beziehungsweise Versäumnisse von untergeordneten Führungskräften, ja Mitarbeitern Verantwortung und können sich nicht darauf berufen, keine Ahnung gehabt zu haben.
Angesichts der im Prozess ausgeleuchteten Verstöße in einem so sensiblen Bereich wie dem Sterilgut-Aufbereiten mag die Bewährungsstrafe plus Geldauflage als moderat erscheinen. Allerdings birgt das Urteil Folgen, die für den einstigen Klinikum-Geschäftsführer noch gar nicht richtig absehbar sind. Möglicherweise droht der Verlust der Beamtenpension. Und sollte das Mannheimer Klinikum zivilrechtlich Schadensersatz geltend machen, könnte der 73-Jährige persönlich haften müssen – wenn aufgrund des Prozessausganges dessen Managerversicherung nicht greifen sollte. Insofern hat die dritte Strafkammer ein hartes Urteil gesprochen.
Im Universitätsklinikum dürften die heute Verantwortlichen erleichtert sein, dass die medizinisch längst „kurierte“ Hygiene-Affäre aus der Ära vor 2015 nun auch strafrechtlich abgeschlossen ist. Gleichwohl bleibt ein schaler Nachgeschmack. Denn jene Führungskräfte, die einst bei Steri-Problemen abwiegelten und abtauchten, sind mit Bußgeldern davongekommen. Und warum Chirurgen an der OP-Front all die wegen Mängeln ausgetauschten Scheren, Zangen oder Knochenschrauben nie moniert haben, bleibt ein Rätsel.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ein Urteil mit Folgen
Waltraud Kirsch-Mayer zum Ende im Hygiene-Prozess