Kommt endlich mal klar mit euren Narrativen!“, heißt es in Joanna Bednarczyks Textbearbeitung von Schillers „Die Jungfrau von Orleans“- die Dramaturgin tut es, indem sie ihre durchaus streitbaren Überlegungen zur Figur der Johanna inklusive Selbstzweifel transparent an den Schluss ihrer Textbearbeitung stellte. Eine Einladung zum Berliner Theatertreffen ist eine großartige Sache, über die sich Schauspielintendant Christian Holtzhauer und sein ganzes Team mit Recht freuen. Auch hier muss man auf die Narrative achten: „Diese Einladung ist eine große Auszeichnung und zugleich eine Anerkennung unserer Arbeit insgesamt.“, teilt Holtzhauer per Pressemeldung mit. Dieser Rückschluss mag handelsüblich sein, ist aber in Selbstaussage eine mit Vorsicht zu genießende Setzung.
Eingeladen wird eine gelungene künstlerische Produktion, kein Haus, keine Programmatik, kein Spielplan. Zumindest pflegt die Jury dieses Narrativ seit Jahrzehnten. Dass Mannheim ausgerechnet mit einer Schiller-Produktion eingeladen ist, die zudem als einziger „Klassiker“ auf der Zehnerliste steht, darf man schmunzelnd durchaus für Ironie des Schicksals halten.
Diese nun ausgezeichnete schillerarme Überschreibung ist kluges, starkes und sauber gearbeitetes Sprechtheater. Vielseitigkeit und dramaturgisch durchdrungene Sprechkunst, wie man sie in dieser „Jungfrau“ sah, bot diese Schauspielintendanz sonst wenig. Frohgemut hatte man damit den Durchbruch der Schauspielsparte erhofft.
Die Einladung der „Jungfrau von Orleans“ nach Berlin ist gut für Mannheim und gut für Christian Holtzhauer. Die vergangenen Schillertage, den aktuellen Spielplan und die monothematische Programmatik macht sie nicht besser. Mit Ewelina Marcinaik auf das richtige Pferd gesetzt haben, unter sehr schwierigen Corona-Bedingungen den Boden für das Gelingen der Arbeit bereitet zu haben, ist Verdienst des Hauses. Führt die Feierlaune zu der Erkenntnis, dass man auch mit Klassikern, gar noch Schiller durchaus mal zum Theatertreffen kommen kann, ist das noch mehr Grund zur Freude.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Ein Grund zur Freude