Kommentar Die Kür zur EU-Modellstadt ist für Mannheim eine gewaltige Anerkennung!

Martin Geiger zur Kür Mannheims als EU-Modellstadt

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Martin Geiger
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Ein Schmunzeln – das hat Mannheims Ankündigung, in acht Jahren klimaneutral sein zu wollen, bei den meisten Fachleuten ausgelöst. Ausgerechnet die von der Industrie geprägt Stadt, in der Deutschlands größtes Steinkohlekraftwerk steht, will 20 Jahre früher als die restliche EU, 15 Jahre vor der Bundesrepublik und zehn Jahre vor Baden-Württemberg ihre Treibhausgas-Emissionen, zumindest rechnerisch, auf null senken? Um ehrlich zu sein: Ganz realistisch erscheint das auch nach der Kür zur EU-Modellstadt noch nicht. Aber darauf kommt es gar nicht an.

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Entscheidend ist nämlich nicht, dass Mannheim 2030 tatsächlich klimaneutral ist. Entscheidend ist, was bis dahin unternommen wird. Denn die Erderwärmung hängt nicht davon ab, wie viel CO2 wir in einem bestimmten Jahr noch in die Luft blasen. Sondern davon, wie viel es bis dahin und danach sein wird. Wenn die Emissionen nun also schnell sinken, 2030 aber noch ein Rest übrig ist, ist das allemal besser, als wenn – rein theoretisch gedacht – nun nichts geschieht und 2030 die Null steht.

Es kommt darum, das wird die Wissenschaft nicht müde zu betonen, auf schnelles, konsequentes Handeln an. Und genau das hat sich Mannheim vorgenommen – ernsthaft, seriös, verlässlich. Das hat ihr die EU nun bestätigt. Und das ist eine gewaltige Anerkennung. Denn es bescheinigt der Stadt, dass sie keine Schaufenster-Politik betreibt, sondern eines der größten Probleme der Menschheit derzeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten wirklich lösen will.

Große Konflikte stehen bevor

Es ist aber auch eine Verpflichtung. Denn der Transformationsprozess, in dem wir uns befinden, wird Spannungen und Konflikte auslösen – vermutlich größere, als wir uns heute überhaupt vorstellen können. Die Debatte über die drastisch gestiegenen Energiepreise war erst der Vorgeschmack. Wird Mannheim eines Tages Autos mit Verbrennungsmotoren aussperren? Müssen die Gasheizungen schon früher umgestellt werden? Wie reagiert die Industrie? Sind am Ende gar Arbeitsplätze bedroht? Nicht umsonst spricht Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz von einer „historisch unvergleichbaren Anstrengung“ – die uns alle herausfordern wird.

Was aber ist die Alternative? Weiter steigende Temperaturen, mehr Naturkatastrophen, immense Flüchtlingsbewegungen, Verteilungskämpfe um Ressourcen und die Zerstörung der Erde, wie wir sie heute kennen? Angesichts dieser Vorstellung wird niemand mehr schmunzeln.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".