Lockdown - hatten wir diesen schrecklichen Begriff nicht kürzlich fein säuberlich mit unserer ungeliebten Corona-Maske in der Ablage P wie Papierkorb entsorgt? Für Katzen gibt es nun eine Zugabe - und dies aus unserer Sicht auch aus guten Gründen. Als einstiger Katzenbesitzer haben wir schließlich selbst regelmäßig die Erfahrung gemacht, wie bitter der Anblick eines getöteten Vogels ist, der dumpf aus dem Mäulchen eines jubilierenden Freigängers vor die Terrassentür tropft. Nicht selten dokterte die weiße norwegische Waldkatze noch einige Minuten an dem reglosen Vögelchen herum, ehe das Interesse vollends verloren ging. Es ging nie ums Fressen, es ging um die bloße Befriedigung eines Jagdtriebs. Ja, die süßen Kätzchen - sie können kleine Monster sein.
Und genau deshalb muss sich ein großer Teil der Katzenhalterinnen endlich ehrlich machen. Dass Millionen Vögel jedes Jahr in den Krallen der Stubentiger verenden, können wir uns nämlich nicht mehr leisten. Der Beitrag, den Vögel zur Biodiversität unseres Lebensraums leisten, ist einfach ungleich größer als jener von Stubentigern mit großem Geltungsbedürfnis und dem ansonsten stark ausgeprägten Drang, dem lieben Nachbarn ins Blumenbeet zu urinieren. Das Überleben der Haubenlerche ist - da muss man der Unteren Naturschutzbehörde zur Seite springen - höher zu bewerten als der Ausgehdrang einer Hauskatze. Auch der Walldorfer Bürgermeister Matthias Renschler stellte im vergangenen Jahr die Frage der Verhältnismäßigkeit. Katzen einsperren? Wirklich?
Je länger man darüber nachdenkt und sich klar macht, dass Klimaschutz und Artenschutz zwei Seiten derselben Medaille sind, desto klarer wird, dass es einigermaßen uncool und unverhältnismäßig ist, wenn zu viele Katzen zu viele Vögel töten. Keinem anderen Haustier erlaubt man ein derart wildes Leben.
Laut Statistik lebten 2021 mehr als16 Millionen Hauskatzen in deutschen Haushalten. Noch immer tun Kommunen zu wenig und dringen nicht auf die Kastrationspflicht von Katzen, obwohl sie es könnten. Untersuchungen, die auf den britischen Inseln angefertigt wurden, zeigen, dass die Artenvielfalt bei Vögeln in der jeweiligen Region dann kleiner ist, wenn mehr Katzen dort leben. Und es gibt ein weiteres Argument, das Katzenbesitzerinnen überzeugen sollte: Ein Kater, der im Haus lebt, wird ungleich älter und ist insofern ein längerer Begleiter. Die Lebenserwartung eines häufigen Freigängers liegt indes bei nur fünf Jahren. Ein weiterer Grund für Hausarrest.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Darum sollten Katzen immer Stubenarrest haben
"MM"-Redakteur Stephan Alfter findet, dass der anstehende Katzenlockdown in Walldorf zu einem grundsätzlichen Umdenken Anlass geben sollte.