Kommentar Darum ist ein Bürgerentscheid zur Windkraft derzeit nicht sinnvoll

Konstantin Groß ist der Ansicht, dass ein Bürgerentscheid in Schriesheim beim Thema Windkraft aktuell kein geeignetes Instrument der Entscheidungsfindung darstellt.

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Konstantin Groß
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Schriesheim. Um es vorweg zu sagen: In diesem Kommentar geht es nicht um die Grundsatzfrage „Direkte oder repräsentative Demokratie“. Die beschäftigt große Denker seit mehr als zwei Jahrhunderten und füllt daher mittlerweile ganze Bibliotheken. Klar ist: Unser Staat ist eine repräsentative Demokratie. Darauf hatten sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes nach ihren historischen Erfahrungen verständigt.

Auf kommunaler und auf Landesebene sieht das anders aus. Und es fällt auf, dass der Rückgriff auf dieses Instrument auch in unserer Region deutlich zunimmt; alleine derzeit sind gleich drei in der Diskussion: in Schriesheim, Dossenheim und Hirschberg. Zeichen dafür, dass Vertrauen in und Akzeptanz von Entscheidungen demokratisch legitimierter Gremien immer weniger gegeben sind. Dass gleichzeitig extreme Parteien, die diese Stimmung schüren, an Zulauf gewinnen, ist kein Zufall.

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Aber natürlich ist das jetzige Ansinnen der Initiatoren in Schriesheim völlig legal. Sinnvoll muss es dadurch aber nicht sein. Für das Thema Windkraft gilt dieser Einwand besonders. Denn ein Ja oder Nein wird dieser komplizierten Thematik nicht gerecht. Es bietet keinen Raum für Zwischentöne, für gangbare Lösungen, für Kompromisse, die doch Herz jedes demokratischen Diskurses sind. Weder wird es jenen gerecht, die der Windkraft skeptisch gegenüber stehen, aber sich durch gute konkrete Lösungen vom Gegenteil überzeugen lassen würden, noch jenen, die zwar grundsätzlich dafür sind, aber Bedenken haben, die ebenfalls ausgeräumt werden müssen.

Und da solche Details der Planung noch gar nicht feststehen, kommt der Bürgerentscheid viel zu früh. Derzeit ist eine Abstimmung über Windkraft an der Bergstraße so sinnvoll wie eine über Raumfahrt in Schriesheim.

Dass vor allem die AfD dafür trommelt, lässt aufmerken

Hinzu kommt das unangenehme Gefühl, wenn man sieht, wer für dieses Bürgerbegehren seit Wochen am heftigsten trommelt: die örtliche AfD und der von einem ehemaligen AfD-Stadtrat geleitete rechte „Demokratie- und Kulturverein“. Dort scheint man offenbar auf das Thema Windkraft verfallen zu sein, um damit bürgerliche Wähler hinter sich zu bringen. Durchsichtiges Manöver einer Partei, die bislang nicht gerade als ökologisch und als Umweltschutzpartei aufgefallen ist.

Sei dem wie dem wolle: Nun ist es am Gemeinderat zu entscheiden, ob es zum Bürgerentscheid kommt. Angesichts des erreichten Quorums bleibt ihm nichts Anderes übrig, als sich selbst zu entmachten. Umso mehr kommt es für die Fraktionen darauf an, nun für ihre Position zu werben. Festzulegen, welche das ist, kann für CDU, SPD und Grüne durchaus heikel sein. Denn Windenergie wird als maßgeblich auch von Landesrecht geprägtes Projekt im anstehenden Landtagswahlkampf eines der zentralen Themen sein.

Kurios ist übrigens, dass just Grüne und SPD Bürgerbegehren und Bürgerentscheide erleichtert hatten, als sie 2011 die Landesregierung übernahmen. In der damaligen Nach-Fukushima-Stimmung trachteten sie danach, mit diesem Instrument ökologischen und sozialen Anliegen und deren Protagonisten gegen konservative Mehrheiten in vielen Gemeinderäten zum Erfolg zu verhelfen. Das fällt ihnen nun auf die Füße - auch und gerade bei ökologischen Themen.

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