Was für die einen zur Tradition der Weihnachtsmärkte einfach dazugehört, lässt bei den anderen die Halsschlagader anschwellen, weil sie es als Tierquälerei einstufen: Ponykarussells sind ein Retro-Vergnügen, dessen Sinn oder Unsinn sicherlich diskussionsfähig ist. Wer argumentiert, die Ponykarussells seien für Kinder eine wichtige Möglichkeit, mit Pferden und Ponys in Berührung zu kommen, der irrt. Dafür gibt es bessere Möglichkeiten unter entspannteren Bedingungen, etwa auf einem Reiterhof oder am Rand einer Pferdekoppel.
Ein Ponykarussell kann unter gewissen Umständen eine Quälerei für die Tiere sein. Ob es tatsächlich Tierquälerei ist, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab: Von der Länge der Reitzeiten und Pausen, dem Auslauf, den Richtungswechseln im Karussell, dem Standort des Platzes, dem Futter und der Pflege. Wenn alle Bedingungen stimmen, kann Ponyreiten auf Jahrmärkten durchaus artgerecht sein. Hier sind strenge Kontrollen notwendig, um die Tiere zu schützen.
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Wenn es um die Frage der Tierquälerei geht, greift diese Diskussion allerdings viel zu kurz. Wenn Ponys nicht stundenlang im Kreis laufen dürfen, weil es sie abstumpft und ihren Gelenken schadet - warum dürfen andere Nutztiere wie Rinder und Schweine dicht gedrängt auf Spaltenböden und in Kastenständen gehalten werden, in denen sie sich nicht einmal umdrehen können? Wenn sich das Leid für die 3,6 Millionen Rinder und 59 Millionen Schweine, die jährlich in Deutschland geschlachtet werden, dem Ende neigt, steht vielen Tieren ein quälender Transport und eine oft grausame Schlachtung bevor.
Ja, die süßen Ponys und ihre Gelenke können einem leidtun. In Anbetracht dessen, was wir Millionen von Säugetieren täglich antun, um Schinken, Grillwurst und Steak zu essen, ist die Hitzigkeit der Debatte aber erstaunlich. Der Niedlichkeitsfaktor sollte keine Rolle spielen, wenn es um Tierschutz geht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Bei der Bewertung von Ponyreiten spielt Niedlichkeit keine Rolle
Ja, die süßen Ponys und ihre Gelenke können einem leidtun, findet Valerie Gerards. Aber angesichts Millionen geschlachteter Rinder und Schweine sagt sie auch: Niedlichkeit zählt nicht