Nun ist Banksy also im Herzen der Metropolregion angekommen. Dort, wo früher der Kapitalismus TV-Geräte, Videospiele, elektrische Zahnbürsten oder Staubsauger verkauft hat, im Saturn, wird nun der Blick auf Banksy verkauft. Man betrachtet jetzt gegen teures Geld jenen Streetartkünstler, dessen Kritik an Kommerz, Kapitalismus und Gesellschaft, an sozialer Ungerechtigkeit und den in Kriege mündenden Hass der Erdbevölkerung eben jene Erdbevölkerung erreicht wie kein anderer. Abermillionen, wenn nicht Milliarden Menschen wissen, wer Banksy, seine Kunst und seine Botschaften sind. Wird diese Idee nun mit „House of Banksy“ verraten?
Die Kuratorin der Ausstellung, Virginia Jean, sagt dazu ganz klar Nein, im Gegenteil: „Wir geben Banksys Werke der Öffentlichkeit zurück!“ Tatsächlich werden Banksys zwar oft in kürzester Zeit von Ordnungskräften oder „Kunstjägern“ entfernt und in den Kunstmarkt geschleust, wo sie Millionen Euro erzielen und meist in Privatgemächern verschwinden. Und das widerspricht krass dem, was der anonyme Künstler mit seinen Ikonen moderner Protestkultur aussendet: Kunst gehört nicht den Märkten, sondern den Menschen.
Aber wie wird Banksy hier zurückgegeben? Ja, die Schau ist gut, liebevoll und informativ gemacht. Jeans Passion für Kunst ist greifbar. Aber im Grunde werden Banksys Werke hier ihres Sinnes enthoben. Und sinnbefreit, wie sie dann herumstehen und -hängen, werden sie zum schmucken Beiwerk der Popkultur – wie die Darstellung des Freiheitskämpfers Che Guevara von Jim Fitzpatrick. Bewirkt das noch etwas?
Es scheint sich hier ausgerechnet jene Dynamik zu erfüllen, die Banksy künstlerisch attackiert: Der Kapitalismus frisst alles – sogar die eigenen Kritiker. Die antikapitalistische, subversive Kraft seiner Werke wird reproduziert, gerahmt und mit Eintrittskarten kapitalisiert. Graffiti, das einst auf Mauern zur schroffen Konfrontation einlud, wird zur gefälligen Kulisse mit Museumsshop. Noch ein Banksy-Shirt gefällig?
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Banksy im Kaufhaus
Banksy in Mannheim: Wird seine Kunst im „House of Banksy“ zum Popkultur-Bestandteil oder bleibt sie subversiv?