Debatte

Warum müssen Führung und Ethik zusammen gedacht werden, Herr Dyckerhoff?

Unternehmen, die ethisch handeln, sind erfolgreicher. Davon ist der Mannheimer Personalberater Christoph Dyckerhoff überzeugt. Eine Führungskraft muss dann nicht nur durchsetzungsfähig sein, sondern auch Menschlichkeit vorleben. Ein Gastbeitrag

Von 
Christoph Dyckerhoff
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A silhouette of a businessman as he stands profile to the camera. A compass occupies his head which represents the moral complexities and dilemmas that occupy our thoughts. © Getty Images/iStockphoto

Der Gastautor

Diplom-Kaufmann Christoph Dyckerhoff ist Personalberater. Er sucht und findet für seine Kunden vom Standort Mannheim aus Spitzenkräfte für die erste und zweite Management-Ebene.

Er hat einen Ethik-Test entwickelt, der die branchenüblichen Personalauswahl-Instrumente um den Faktor Ethik (Verantwortungsbewusstsein und -bereitschaft) ergänzt und bis heute ein Alleinstellungsmerkmal für sein Beratungsunternehmen ist.

Der Aufwand hat sich gelohnt: Im Jahr 2014 wurde er im Ranking des „Focus“-Spezial-Magazins „Karriere“ als Top-Personaldienstleister in den Kategorien „Executive Search“ und „Interim-Management“ auszeichnet.

Dyckerhoff hat Betriebswirtschaftslehre an der Universität München studiert und war nach dem Examen in verschiedenen Führungsfunktionen bei der Bayerischen Vereinsbank in München und der Commerzbank in Frankfurt im Einsatz.

Inzwischen ist er seit mehr als 30 Jahren für Groß- und Familienunternehmen aktiv. Fokus ist dabei die Personalsuche für Positionen als Vorstand, Geschäftsführer und Topentscheider im kaufmännischen, HR- und Vertriebssektor, in der Unternehmenskommunikation sowie die Besetzung von Aufsichts- und Verwaltungsräten. Seine Expertise umfasst die Branchen Finance, Bau- und Baustoffe, Handel sowie Bundesliga-Sportvereine.

Er engagiert sich in zahlreichen Unternehmer-Netzwerken und ist beim Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) als Ethik-Experte präsent.

Der badische Baumeister und Hofarchitekt Jacob Friedrich Dyckerhoff (12. Dezember 1774 in Mannheim bis 12. Oktober 1845, ebenda) ist ein direkter Vorfahre.

Internet und Social Media haben es möglich gemacht: Informationen über die negativen Folgen „erfolgreichen“, rein gewinnorientierten Wirtschaftens werden in Windeseile rund über den Globus geteilt. Beispiele dafür gibt es zahlreiche: gesundheitsschädliche Produkte, unzureichende Arbeitsbedingungen, mangelhafte Geldanlagen, Technik-Probleme oder Ressourcenmissbrauch – Menschen boykottieren dann Hersteller und Händler oder verweigern den Kauf von Produkten und Dienstleistungen.

Von Unternehmen und ihrer Leitung wird heute einfach erwartet, dass sie mehr tun als nur Qualität zu liefern – dass sie verantwortungsvoll handeln und wirtschaften. Verantwortung zu tragen bedeutet zunächst ganz allgemein, Aktivitäten und Entscheidungen im Hinblick auf die Folgen einzuschätzen.

Seit der Antike haben Menschen das menschliche Handeln untersucht und versucht, konkrete Regeln zu finden (Ethik), wie sich für das Individuum ein gutes Leben gestalten lässt. Wie geht ein harmonisches, gerechtes Zusammenleben in der Gruppe? Und wer sorgt dafür, dass alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht?

Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sind diese Fragestellungen hochaktuell. Bedürfnisse sollen nicht zulasten kommender Generationen befriedigt werden dürfen.

Begriff in anwendbare Praxis übersetzen

Fraglich ist, wie das Thema Ethik in der Unternehmensführung etabliert werden kann. Denn die Arbeitsbelastung von Top-Managern ist bekannt. Vor Jahren schon hatte eine Unternehmensberatung die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht: Demnach hat ungefähr die Hälfte der Führungskräfte mit einem Jahresgehalt von mehr als 200 000 Euro eine 60- bis 70-Stunden-Woche. Daran hat sich im Top-Management – branchenabhängig – bis heute wenig geändert.

Ethische Prinzipien für das Unternehmen messbar und konkret umsetzbar gemacht werden

Denken wir daran: Führungskräfte sind für das langfristige Unternehmenswachstum verantwortlich. Es geht darum, systematisch Wettbewerbsvorteile zu behalten oder auszubauen. Geplant wird deshalb für das Unternehmen auf drei bis fünf Jahre im Voraus.

Ein Unsicherheitsfaktor sind die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen. Dadurch entsteht der Zwang zur laufenden Qualitätsverbesserung und permanenten Innovation. Im Fokus steht dabei stets, dem Kunden die passende Problemlösung für seine Bedürfnisse anbieten zu können.

Ethik wird von der Unternehmensleitung dann angenommen werden, wenn der Begriff von der Ebene der Philosophie in die betrieblich anwendbare Praxis übersetzt wird. Ihr Mehrwert entsteht ab dem Augenblick, wenn alle am Wertschöpfungsprozess Beteiligten übereinkommen und sie als Regelwerk der Gemeinschaft anerkennen.

Vielen Ansprüchen der Bezugs- und Interessengruppen des Unternehmens und ihrer Erwartungen wird somit freiwillig begegnet (im Gegensatz zur Compliance). Dafür müssen ethische Prinzipien für das Unternehmen messbar und konkret umsetzbar gemacht werden. Die Zuweisung von Verantwortung alleine reicht dazu nicht aus.

Transparenz und Vertrauen

Die Vorteile der ethischen Unternehmensführung entfalten sich sowohl nach innen als auch nach außen. Sie kann Instrument der Führung und Entscheidungsfindung sein – zum Beispiel Selbstmanagement, Mitarbeitermotivation, Leistungssteigerung, Kreativitätsaustausch, Ressourcenverbrauch, Kommunikation – oder via Kommunikation Transparenz, Glaubwürdigkeit und Vertrauen gegenüber der Öffentlichkeit verbessern (Imagegewinn, Steigerung des Bekanntheitsgrades).

Impulsgeber für das Unternehmen oder die Organisation ist regelmäßig die oberste Führungsebene. Dort muss mit der Veränderung angesetzt werden.

Der Harvard-Professor William George forscht über die Entwicklung von Führungskompetenzen und Ethik. Als ehemaliger Top-Manager kann er die Qualitäten echter Führungspersönlichkeiten nicht nur theoretisch, sondern auch aus der Unternehmenspraxis herleiten. Seiner Meinung nach macht eine erfolgreiche Führungskraft in der Geschäftswelt aus, dass sie sich in den Dienst der anderen stellt. „Dienen kommt vor dem Verdienen“ hat das ein bekannter Familienunternehmer einmal formuliert.

Der Wissenschaftler fügt hinzu, dass es darauf ankommt, den Menschen in der eigenen Organisation den Sinn ihrer Arbeit klar zu machen und sie auf gemeinsame Ziele und Werte einzustimmen. Und er hat herausgefunden, dass eine Führungskraft sich nicht allein über spezielle Kriterien oder Charakterzüge definieren lässt. Sondern zusätzlich auch aus ihren Erfahrungen auf dem bisherigen Weg – was sie also zu der Persönlichkeit gemacht hat, die sie nun geworden ist.

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Der Begriff der Karriere wurde bisher meist als Folge von (oft mit großem Ehrgeiz) angestrebter, messbarer Ziele im Lebenslauf angesehen: sei es als Aufstieg in der Unternehmenshierarchie (Managementkarriere) oder als Fachkarriere (Expertenlaufbahn). Hier muss also die reine Betrachtung der Qualifikation um das Hinterfragen der individuell gewonnenen „Persönlichkeitsentwicklung“ ergänzt werden.

Inspiration für Mitarbeiter

Woraus folgt: Bei der Neubesetzung einer Führungsposition darf nicht nur den formalen Fähigkeiten des Bewerbers auf den Grund gegangen werden. Zusätzlich müssen auch Persönlichkeit und ethische Kompetenzen überprüft werden.

Ethische Unternehmensführung schafft eine positive Verhaltenskultur. Sie wird konkretisiert durch unternehmensspezifische Werte, also Maßstäbe und Ideale. Und sie inspiriert auch Mitarbeiter ohne Führungsposition und trägt damit zur Potenzial- und Lebensverbesserung des Einzelnen sowie der Gemeinschaft bei.

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