Warum lässt sich mit vielen Dächern Geld verdienen, Herr Resatsch?

Was haben die meisten Unternehmen, nutzen es aber bisher kaum unternehmerisch? Ihre Dächer. Ein Gastbeitrag von Florian Resatsch

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Florian Resatsch
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Wer auf dem Dach seines Unternehmens eine PV-Anlage betreibt, kann am Ende nur davon profitieren, sagt unser Gastautor Florian Resatsch. © istock

Die Gewerbe- und Industriegebiete Deutschlands sind von weiten Dachflächen geprägt. Da reihen sich Tankstellen an Baumärkte und Autohäuser oder Lagerhallen an Fertigungsanlagen. Diese Dachflächen sind häufig flach – und meistens leer. Dabei könnten sie zur Einnahme- und Energiequelle der jeweiligen Unternehmen werden.

Denn viele gewerbliche Dächer sind ideale Standorte für Solaranlagen. Eigentlich. Aber in der Realität werden nur 10 Prozent der Dächer für die Gewinnung der Sonnenenergie genutzt. Das Potenzial ist enorm.

Eine Analyse vom Unternehmensimmobilien-Spezialisten Garbe Industrial Real Estate zeigt, dass eine flächendeckende Ausstattung dieser Dächer mit Solaranlagen eine Leistung von 121 Gas- oder Kohlekraftwerken ersetzen könnte.

In der Realität werden nur 10 Prozent der Dächer für die Gewinnung der Sonnenenergie genutzt

Die Gründe dafür, dass wir Photovoltaik (PV) bisher nur auf so wenigen Lagerhäusern oder Bürokomplexen sehen, sind vielfältig: So gibt es Dächer, die aus statischen Gründen keine PV-Anlagen tragen können, wobei dieser Anteil auch aufgrund von Leichtbaumodulen sinkt. Dann gibt es Standorte, die für Solarenergie schlecht geeignet sind, weil Schatten oder Abluftanlagen und andere Installationen auf dem Dach die Nutzung verhindern.

Spricht man jedoch mit Unternehmern, dann sind es gar nicht zwingend diese externen Aspekte, die sie abhalten: Da ist einerseits das Wissen um die Möglichkeiten, das vielen fehlt, und sie scheuen den Aufwand, den die Planung einer solchen Solaranlage bisher mit sich brachte. Wer hat schon die Kapazitäten, sich parallel zu den eigentlichen Themen im Unternehmen mit Einstrahlungswinkeln oder dem Umgang mit Blitzableitern, die auf dem Dach sind, zu kümmern? Dass auch bürokratische Prozesse rund um die Einspeisung ins Netz warten, macht es nicht attraktiver.

Der Gastautor: Florian Resatsch



  • Florian Resatsch ist CEO von Elevion Green und befähigt Unternehmen dabei, aus Klimaschutz einen Business Case zu machen.
  • Stationen seines bisherigen Berufswegs bei Viessmann oder als Gründer von Friendticker greifen nun zusammen: Mit der digitalen Plattform Elevion Green will er Solaranlagen zum Standard auf gewerblichen Dachflächen machen.

 

Andererseits ist die Wirtschaftlichkeit von Solarmodulen für Unternehmerinnen und Unternehmern bisher kaum ausreichend diskutiert worden. Wer PV-Anlagen auf sein Unternehmensdach stellte, tat es in der Vergangenheit meist aus einer ökologischen Überzeugung. Die Prozesse dahinter wurden daher gern in Kauf genommen. Dass wir jedoch energiewirtschaftlich viele Jahre blauäugig waren und auch als Wirtschaftsstandort eigene Energieressourcen und autarke Energiesysteme benötigen, hat uns der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine schmerzhaft vor Augen geführt. Selbst über Sonnenlicht Energie zu produzieren, wird vor diesem Hintergrund ein wirtschaftlicher Mehrwert, fernab von parteipolitischen Überzeugungen.

Mit Solar auf ihren Dächern werden Unternehmen von reinen Stromverbrauchern zu Stromproduzenten, die den erzeugten Strom entweder selbst nutzen oder ins Netz einspeisen können. Solarenergie auf dem eigenen Dach bedeutet für Unternehmen eine erhebliche Unabhängigkeit von den Schwankungen des Energiemarktes, aus dem die meisten ihren Strom bisher beziehen. Die geopolitischen Unsicherheiten scheinen uns mit Blick auf die aktuelle Stimmung in der Welt auch weiterhin beschäftigen zu müssen.

Jede Form der energetischen Unabhängigkeit sorgt so auch für mehr unternehmerische Sicherheit. Diese Sicherheit kostet, wie immer im (Berufs-)Leben. Doch die Amortisierung des Baus von Solaranlagen ist, je nach Eigenverbrauch, oft nach sieben Jahren erreicht, die produktive Nutzungszeit der Anlagen liegt meist bei 30 Jahren und mehr. Unterm Strich ist das Investment also wirtschaftlich interessant, besonders für mittel- und langfristig denkende und arbeitende Unternehmen, die der nächsten Generation Vermögenswerte mitgeben wollen.

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Die Nutzung von Solarenergie stärkt zudem das Profil eines Unternehmens. Betriebe, die in erneuerbare Energien investieren, zeigen ihren Kunden, Partnern und Mitarbeitenden, dass sie Verantwortung für die Zukunft übernehmen. Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit sind längst zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor geworden, auch im Kampf um neue Mitarbeitende.

Nun mag es naheliegend sein, dass ein Bilderbuch-Flachdach Potenzial für PV-Anlagen bietet. Aber Ihres hat vielleicht Aufbauten, die es uneben machen. Oder Sie denken, dass das Unternehmen, in dem Sie arbeiten, einen zu hohen Stromverbrauch hat und es den kaum mit Sonnenenergie decken könnte.

In solchen Momenten blicke ich gerne nach Österreich, an den Wolfgangsee. Denn dort steht sie: die weltweit erste energieautarke Seilbahn, die nahezu vollständig durch selbst erzeugten Sonnenstrom betrieben wird. Der überschüssige Strom, den die PV-Module der Seilbahn produzieren, wird in das öffentliche Netz eingespeist. Wenn also sogar eine Seilbahn fast ausschließlich über eigene Solarenergie betrieben werden kann, dann zeigt das: Sehr unterschiedliche Gewerbe und Gewerke können heute mit Sonnenenergie arbeiten. Und das Ziel muss nicht gleich eine komplette Energieautarkie sein. Sondern eine zunehmende Unabhängigkeit von externen Faktoren, die eben sogar noch Geld spart.

Das Ziel muss nicht eine komplette Energieautarkie sein, sondern eine zunehmende Unabhängigkeit

Im Privaten erleben wir dies ja bereits mit den Balkonmodulen: Auch sie schießen Energie zu, ohne direkt den kompletten Haushalt abzudecken. Dennoch lohnt sich das Investment finanziell, was sie sehr populär und medial präsent gemacht hat. Entsprechend ist auch der Gesamtbestand mittlerweile beachtlich, laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sollen es inzwischen rund 600 000 Anlagen sein. Aber: Ihr Beitrag macht aufgrund der flächenmäßig geringen Modulgröße nur 0,5 Prozent der gesamten PV-Leistung hierzulande aus. Das ist kein Argument gegen Balkonmodule, weil sie einen wichtigen Beitrag zur dezentralen Stromproduktion haben. Es ist aber ein Argument für eine Stromversorgung, in der viele Hebel genutzt werden und dadurch auch gleichermaßen viele profitieren.

Dass die Balkonkraftwerke dermaßen populär werden konnten, lag auch daran, dass die Politik ihre Nutzung attraktiver machte. Nun mögen viele Unternehmerinnen und Unternehmer generell auf die unsichtbare Hand des Markts setzen, wenn es politische Unterstützung geben könnte, nehmen sie diese doch gerne mit. Die gibt es nun auch mit dem Solarpaket 1 der Ampel-Regierung, das eine höhere Einspeisevergütung regelt. Das ist ein erster Schritt, um die Solarenergie für das Gewerbe attraktiver zu machen und den Business Case, der in den PV-Anlagen steckt, herauszuarbeiten. Weitere müssen folgen. Wichtig ist für die Zukunft, dass nicht nur die großen Unternehmen sich hierin wiederfinden. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die bisher vor den komplexen Prozessen zurückgeschreckt sind, sind administrative Vereinfachungen wichtig.

Hierbei als Unternehmerin oder Unternehmer die Übersicht zu behalten, wird auch in Zukunft kaum leichter. Sollten doch – um nur eine wichtige Faktoren zu nennen – die derzeitige Entwicklung am Strommarkt mit veränderten Regulierungen, möglichen Änderungen von Einspeisevergütungen und Förderungen, eine kommende Bundestagswahl, begrenzte Kapazitäten in der Energieinfrastruktur und stetige technische Innovationen beachtet werden.

Dabei ist PV im Gewerbe nur ein Startpunkt. Zukünftig wird auch die Batteriespeicherung ein Thema werden, um den selbst produzierten Strom vor Ort vorzuhalten. Unternehmen stoßen dann zunehmend in Bereiche des Energiemanagements vor, die ohne externe Beratung kaum zu lösen sind. Zumindest gegenwärtig, denn auch hier werden sich die Angebote mit der zunehmenden Nachfrage verändern.

Anbieter müssen sich im gewerblichen Kontext öffnen und niedrigschwelligere Lösungen anbieten

Entsprechend müssen auch die Anbieter von PV im gewerblichen Kontext sich öffnen und niedrigschwelligere Lösungen zur Planung von Solaranlagen anbieten, ja sogar das Energiemanagement als Ganzes mit Batteriespeichern und Co. denken. Der Weg hierbei muss hin zu digitalen Angeboten, die auch im Business-Kontext so leicht funktionieren wie im Privatleben. Wer es gewohnt ist, mit wenigen Klicks den Stromanbieter zu wechseln oder ein Auto zu konfigurieren, will auch bei der Planung von PV im Gewerbe und im weiteren Energiemanagement kurze und transparente Wege.

Wenn wir als Energiebranche dem nachkommen, wird nicht nur im sonnenreichen Süden, sondern deutschlandweit Solarenergie auf Gewerbedächern den Unternehmen helfen und jedes Dach Geld verdienen lassen.

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