Mannheim. Von den Lehrkräften in der Schule sind sie als Nebenbuhler um die Aufmerksamkeit der Schüler gefürchtet, bei den Schülern nur allzu beliebt. Die Rede ist von Handys in der Schule, die bei den meisten Schülern ab einer gewissen Altersregion nicht mehr wegzudenken sind. Insbesondere die Frage, ob das Mitbringen und der Gebrauch von Handys in Schulen erlaubt sein sollten oder nicht, führt bei Eltern, Lehrkräften und Schülern zu verschiedenen Standpunkten und teils kontroversen Ansichten.
Ab wann ein eigenes Handy für Kinder Sinn ergibt, hängt von vielen Faktoren ab. Bei dieser Frage sind beispielsweise das Alter des Kindes, individuelle Bedürfnisse und elterliche Interessen entscheidend. Insbesondere in Notfällen kann ein Telefon nützlich sein, um schnell den Kontakt mit den Eltern oder anderen Personen herzustellen. Auch könnten Handys in den Unterricht integriert werden oder anderweitig für pädagogische Zwecke genutzt werden, zum Beispiel für den Gebrauch von Lern-Apps oder den Austausch mit Mitschülern im Rahmen einer gemeinsamen Projektarbeit.
Schulrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten
Für einen frühzeitigen Umgang mit Handys, auch während der Schulzeit, spricht die Tatsache der stetig voranschreitenden Digitalisierung, so dass es von zentraler Bedeutung ist, Schüler frühzeitig auf den verantwortungsbewussten Umgang mit diesen Technologien vorzubereiten. Im Ergebnis ist es jedoch die persönliche Entscheidung der Eltern, ob sie ihrem Kind ein Handy in die Schule mitgeben und zu welchem (Haupt-)Zweck dieses verwendet werden soll.
Viele Schulen stellen eifrige Überlegungen an, wie der Gebrauch – und bestenfalls bereits das Mitbringen – von Handys verhindert werden kann. Regelmäßig finden sich zum Handygebrauch entsprechende Passagen in den Schul- und Hausordnungen der Schulen. Das Bestreben nach einem störungsfreien Unterricht und der vollen Aufmerksamkeit der Schüler ist dabei nur allzu nachvollziehbar.
Die Gastautorin
- Stephanie Glöckle studierte Rechtswissenschaften in Jena und promovierte 2022 zum Thema „Erziehungs- und ordnungsrechtliche Normen in den Schulgesetzen“.
- Seit 2019 ist sie als Juristin in der Schulaufsicht in Baden-Württemberg tätig und hat mehrere Publikationen veröffentlicht.
- Am 24. Oktober 2023 erschien ihr Buch „Du kippst nicht um, wenn du mal eine Stunde nicht trinkst: Der ultimative Crashkurs Schulrecht mit vielen Alltagsbeispielen“ im mvg Verlag.
Dennoch müssen selbstredend hierbei die schulrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Wie so oft bei rechtlichen Streitpunkten treffen bei dieser Thematik zwei gegensätzliche Interessen aufeinander. Während die Schule ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag ungestört umsetzen möchte, steht Schülern ihre grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit zu (Art. 2 GG), die auch das Mitbringen und die Benutzung eines Handys umfasst.
Neben der Vermittlung der Unterrichtsthemen an die Schüler, steht auch die soziale Interaktion zwischen den Schülern im Vordergrund, die durch den übermäßigen Gebrauch von Handys negativ beeinflusst werden könnte. Man stelle sich in diesem Zusammenhang kleine Grüppchen von Schülern auf dem Pausenhof vor, von denen jeder seinen Blick auf sein Smartphone gerichtet hat. Auch soll durch ein konsequentes Verbot von Handys die Gefahr verhindert werden, dass ein Schüler in einer Prüfung sein Handy für eine Täuschung nutzt.
Regelmäßig werden Lehrkräfte (sowie auch Mitschüler) zudem im Unterricht fotografiert und diese Aufnahmen im Internet, beispielsweise auf Social-Media-Plattformen, verbreitet.
In den meisten Bundesländern bestehen keine speziellen rechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Mitbringen oder die Nutzung eines Handys durch Schüler in der Schule. Lediglich Bayern hat im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) die Verwendung von Handys ausdrücklich geregelt. Hiernach ist die Benutzung im Schulgebäude und auf dem Schulgelände nur erlaubt, sofern dies die Schulleitung im Einvernehmen mit dem Schulforum gestattet.
"Es ist wichtig, Schüler früh auf den verantwortungsvollen Umgang mit den Technologien vorzubereiten"
Im Rahmen eines Austauschs mit der örtlichen Schulgemeinschaft haben alle Schulen bis auf Grundschulen und Grundschulstufen an Förderschulen folglich so die Möglichkeit, eigenständig zu bestimmen, ob Regelungen für die private Nutzung von Handys festgelegt werden sollen. Hierdurch kann die Schule gezielt auf die spezifische pädagogische Situation vor Ort eingehen und diese berücksichtigen.
In Baden-Württemberg findet sich keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage, die Vorgaben zum Mitbringen oder der Benutzung von Handys benennt. In § 23 Abs. 2 des Schulgesetzes Baden-Württemberg (SchG) werden Schulen dazu berechtigt, die zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebs und zur Erfüllung der ihr übertragenen unterrichtlichen und erzieherischen Aufgaben erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Sie können hierzu Schulordnungen, allgemeine Anordnungen und Einzelanordnungen erlassen. In der Folge könnten Schulen das Mitbringen und die Verwendung von Handys in der Schule untersagen, sofern dieses Verbot zur Aufrechterhaltung des Schulbetriebs oder zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags zwingend erforderlich ist.
Keine gesetzliche Grundlage zur Handynutzung in Baden-Württemberg
Handykritiker werden nun in Anbetracht dieses rechtlichen Passus direkt einwenden, dass sowohl das Mitbringen als auch die Verwendung von Handys zur (ungestörten) Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsauftrags notwendig ist. Ein generelles und vollumfassendes Verbot lässt sich der baden-württembergischen Regelung jedoch nicht entnehmen. Zwar kann hieraus geschlussfolgert werden, dass Schüler ihr Handy nicht während des Unterrichts nutzen dürfen, damit diese dem Unterricht aufmerksam folgen können und nicht abgelenkt werden. Hiervon muss aber der Gebrauch der Handys in den Schulpausen unterschieden werden.
Ohne eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage zur Handynutzung – die in Baden-Württemberg nicht vorhanden ist – kann ein vollumfassendes Handyverbot daher nicht vonseiten der Schulen erzwungen werden. Das heißt, dass Schüler ihre Handys in die Schule mitbringen und dort auch, abgesehen vom Unterricht, benutzen dürfen.
Da die Thematik regelmäßig von den Schulen und Eltern aufgegriffen wird, empfiehlt sich eine gesetzliche Klarstellung. Die Frage, ob das Mitbringen und die Nutzung von Handys zukünftig an den Schulen grundsätzlich erlaubt oder verboten sein sollten, erfordert eine differenzierte Betrachtung. Die meisten Eltern suchen nicht den ständigen Austausch mit ihrem Kind während des Tages. Allerdings wollen sich viele Eltern die grundsätzliche Möglichkeit offenhalten, ihr Kind auch während der Schulzeit erreichen zu können. Insbesondere in dringlichen Angelegenheiten oder bei Notfällen stellt ein eigenes Telefon die sicherste und schnellste Option dar, mit dem Kind sprechen zu können. Eine gesetzliche Regelung könnte entweder vorsehen, dass das Mitbringen und die Nutzung von Handys in der Schule grundsätzlich erlaubt sind.
Ebenfalls könnte auch an die bayerische gesetzliche Formulierung angeknüpft und festgelegt werden, dass die Schulen selbstständig entscheiden dürfen, ob die Benutzung im Schulgebäude und auf dem Schulgelände zulässig ist. Dies würde die Autonomie der Schulen stärken und es könnten in einem stärkeren Maß die örtlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund wäre eine vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften, Schülern und Eltern entscheidend, um die Akzeptanz der getroffenen Regelungen zur Handynutzung sicherzustellen.
Eins ist auf jeden Fall sicher – das Handy ist ab einer bestimmten Altersstufe nicht mehr wegzudenken. Es wäre daher nur ratsam, den (schulischen) Handykonsum gezielt zu begleiten, um die Medienkompetenz der Schüler weiter auszubauen und diese zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit den Handys anzuleiten.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/meinung/debatte_artikel,-debatte-sollten-handys-in-der-schule-verboten-werden-frau-gloeckle-_arid,2197604.html