Der neue Film

Blutrot ist die Liebe: „Dracula – Die Auferstehung“ im Kino

Luc Besson interpretiert mit „Dracula – Die Auferstehung“ die Geschichte von Bram Stoker neu, erzählt sie als tragische Romanze – und beißt dennoch kräftig zu.

Von 
Gebhard Hölzl
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Caleb Landry Jones (r.) und Zoë Bleu als Vlad und seine Angebetete im Film „Dracula – Die Auferstehung“ von Luc Besson. © LBP/EuropaCorp/TF1 Films Product

Der Fürst der Finsternis kehrt zurück! Im Doppelpack. Auf Festivals – zuletzt der Viennale – treibt Jadu Rudes „Dracula“ sein Unwesen. Ein Nachwuchsfilmer will den „Mythos Dracula“ beleuchten und ruft, weil es ihm an Inspiration fehlt, künstliche Intelligenz zu Hilfe. So entfesselt er einen Höllensturm an Ideen. „Vlad der Pfähler“, wie der Blutsauger einst genannt wurde, repräsentiert bei ihm unsere moderne Welt, der der Sinn nur noch nach Spektakel steht. Was dazu führt, dass der Vampir beim rumänischen Filmemacher („Kontinental ‘25“) sogar einen TikTok-Account besitzt.

Einen anderen Ansatz wählt sein französischer Kollege Luc Besson, ebenfalls bekannt für filmische Extravaganzen, siehe „Johanna von Orleans“ oder „Das fünfte Element“. „A Love Tale“, eine „Liebesmär“, erzählt er laut Untertitel nach eigenem Skript. Warum der deutsche Verleih daraus „Die Auferstehung“ gemacht hat, ist nicht nachvollziehbar.

Die Hauptrolle des transsylvanischen Prinzen Vlad II, Graf von Dracul, hat Besson Caleb Landry Jones („DogMan“) übertragen, den obersten Vampirjäger in Person eines unerschrockenen Priesters gibt Christoph Waltz, der nach seinem Part in „Frankenstein“ scheinbar Gefallen am Horror-Genre gefunden hat.

Auf der Suche nach seiner großen Liebe irrt Dracula durch die Jahrhunderte

Im 15. Jahrhundert wendet sich Dracula nach dem Verlust seiner angebeteten Frau Elisabeta – besetzt mit Zoë Bleu, Tochter von Bessons „Im Rausch der Tiefe“-Protagonistin Rosanna Arquette –, voller Zorn von der Kirche ab. In seiner Wut tötet er einen Kardinal, verflucht Gott – und wird zum ewigen Leben verdammt.

Vlad (Caleb Landry Jones, l.) irrt durch die Jahrhunderte, um seine große Liebe (Zoë Bleu) zu finden. © LBP/EuropaCorp/TF1 Films Product

Fortan irrt er durch die Jahrhunderte, von der Hoffnung besessen, irgendwann mit seiner Herzdame wiedervereint zu sein. 400 Jahre später scheint er sie in Paris gefunden zu haben. In Gestalt von Mina – Bleu in einer Doppelrolle –, die mit Rechtsanwalt Jonathan Harker (Ewens Abid) verlobt ist, mit dem der Graf schon geschäftlich zu tun hatte …

Frei bereitet Besson den klassischen Stoff auf, setzt auf opulente Schauwerte und martialische Action, räsoniert am ehesten vergleichbar mit Francis Ford Coppolas „Bram Stoker’s Dracula“ (1992) über die ewig Kraft der Liebe. Konsequent ist Dracula, mit wallender Siegfried-Mähne und vollen Lippen von Landry Jones eindringlich verkörpert, kein herzloser Schlächter – was nicht heißt, dass er das Schwert nicht zu führen weiß –, sondern ein romantischer Held.

Christoph Waltz

  • Grimme-Preisträger („Tanz mit dem Teufel“) ist er, einen Golden Globe hat er gewonnen und zwei Oscars – nur vier seiner bislang 88 Auszeichnungen . „Inglourious Basterds“ und „Django Unchained“, beide von Quentin Tarantino inszeniert, haben ihm die Academy Awards eingebracht, seitdem ist Christoph Waltz eine Größe in Hollywood und europäischer Superstar .
  • Auf dem Bildschirm brillierte er als Schlagersänger in „Du bist nicht allein – Die Roy Black Story“, unter Michel Gondry spielte er in der Comic-Adaption „The Green Hornet“, unter Roman Polański in „Der Gott des Gemetzels“ . Der Workaholic und Opernfan war Wilderer in „Jennerwein“, Arzt in „Herr Lehmann“ und Analytiker in „Der alte Affe Angst“.
  • Waltz, 1956 in Wien geboren , machte am Theresianum Matura, erlernte am Max-Reinhardt-Seminar und dem New Yorker Lee Strasberg Institute sein Handwerk. Dem Theaterdebüt 1977 in Wien folgten Engagements in Salzburg, Hamburg, Frankfurt am Main, Zürich etc.
  • Erstmals im Fernsehen war er 1976 in „Der Vetter im 7. Bezirk“, erstmals im Kino 1981 in „Kopfstand“ zu sehen.
  • Der multilinguale Kosmopolit, der in Berlin und Los Angeles lebt, hat aus erster Ehe drei Kinder, heute ist er mit Kostümbildnerin Judith Holste verheiratet. Der Beziehung entstammt eine Tochter. geh

Das bedingt die Wahl von Frankreichs Hauptstadt, der „Stadt der Liebe“, als zweiten Hauptschauplatz – mit üblicher Eiffelturm-Aufnahme –, neben des Grafen Karpatenschloss, das wie eine Kathedrale anmutet.

Eingefleischte „Dracula“-Fans dürften sich vor den Kopf gestoßen fühlen. Die „Symphonien des Grauens“ eines Friedrich Wilhelm Murnau, Werner Herzog oder jüngst Robert Eggers sucht man vergebens. Kein Spiel mit Licht und Schatten, keine gewagten Perspektiven, keine Überfahrt auf der „Demeter“ mit dem im Sarg „ruhenden“ Helden.

Christoph Waltz (r.) ist als Vampirjäger Dracula auf der Spur. © LBP/EuropaCorp/TF1 Films Product

Besson verfolgt eigene Ideen, frönt dem Unterhaltungs-Kino, nutzt bekannte Motive lediglich, um sie nach seinem Geschmack aufzubereiten. Urtext und Vorgänger hin oder her. Sein Protagonist ist ein Dandy, der einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe entsprungen sein könnte. Die Frauen – selbst Nonnen – liegen ihm zu Füßen, nicht zuletzt dank eines magischen Parfüms, das sie reihenweise in seinen Bann schlägt.

Geschickt wird zwischen Zeit und Raum gesprungen, das türkische Heer im Feld besiegt, in Europas Höfen getanzt, gefeiert und kräftig zugebissen. Waltz („Django Unchained“) bleibt als klerikaler Van-Helsing-Ersatz blass – sprich agiert wie immer –, Bleu („Gonzo Girl“) gefällt als Vlads Frau und deren Wiedergängerin, Rotschopf Matilda De Angelis („Citadel: Diana“) als deren (blut-)lüsterne Freundin Maria. Mit der Besetzung der beiden Damen beweist der Filmemacher erneut sein unglaubliches Gespür für neue Gesichter, wie schon bei Anne Parillaud, Natalie Portman oder Milla Jovovich, denen er zu internationalem Leinwandruhm verholfen hat.

Großes Kino mit aufwändigen Kostümen gibt es mit „Dracula – Die Auferstehung“

Nicht auf der Höhe der Zeit animiert sind die Kobolde mit ihren spitzen Ohren, die dem Dach von Notre Dame entsprungen scheinen und Dracula, antiken Ninjas gleich, als getreue, furchtlose Kämpfer unterstützen. Aber das kennt man vom Filmemacher, der nicht besonders viel Wert auf ausgefeilte Tricktechnik zu legen scheint, siehe „Valerian – Die Stadt der 1000 Planeten“.

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Nach großem Kino steht ihm der Sinn. Aufwändig sind die Kostüme und die Ausstattung, selbst in den schnell geschnittenen, kurzen Ballszenen, erfrischend die gelegentlichen humoristischen Momente, etwa wenn sich Graf und Gattin nach heißem Liebesspiel eine ausgelassene Kissenschlacht liefern. Das Ergebnis ist ein vielfältiges Märchen, Popcorn pur.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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