Mannheim. Kaum ein Raum ist öffentlich und so privat zugleich. Ein mehr oder weniger stilles Örtchen, in dem die Notdurft verrichtet wird. Ein Bereich, in den sich kurz zurückgezogen werden kann. Vielleicht auch ab und an ein Zufluchtsort zum Durchatmen – ein kleiner Schutzraum vor dem Trubel des Alltags.
Jeden Tag gehen wir auf die Toilette, denken meist kaum darüber nach. Doch nicht für jede Person ist der Gang zum Klo so gedankenverloren möglich: Für Menschen, die nicht der binär-geschlechtlichen Kategorie entsprechen, die keinem Geschlecht zugehörig sind, für „trans*, inter*, queere oder nicht-binäre Personen“ kann die Wahl der Toilette, die doch eigentlich Erleichterung schaffen soll, zum Spießrutenlauf werden.
Queeres Zentrum Mannheim: Genderneutrale Toiletten sind wichtig
Warum genderneutrale Toiletten so wichtig sind, erklärt das Queere Zentrum Mannheim (QZM). Für „trans*, inter* und nicht-binäre Menschen“ kann der Weg zur Toilette eine Herausforderung sein, so das QZM: „Entspricht ihr Aussehen nicht der mehrheitsgesellschaftlichen Norm, sind sie Diskriminierungen (durch Verweise oder verbale Kommentare), Gewalt und Anfeindungen ausgesetzt.“
Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos 2021 identifizieren sich vier Prozent der Generation Z, also der Generation, die nach 1996 geboren wurde, nicht als männlich oder weiblich. Nach Schätzungen des Ethikrats leben in Deutschland etwa 80 000 intergeschlechtliche Menschen.
Mannheim und Heidelberg Teil des „Rainbow Cities Network“
Mannheim ist, wie Heidelberg auch, Teil des Städtenetzwerks „Rainbow Cities Network“ – und nicht nur das: Die Quadratestadt ist Gründungsmitglied dieses Verbunds und auch im Vorstand aktiv. Das Netzwerk ist ein internationaler Zusammenschluss von Kommunen, die sich „aktiv gegen Diskriminierung und für Gleichberechtigung von lesbischen, schwulen, trans*, inter* und anderen queeren Menschen“ in ihren Städten einsetzen wollen, wie es in den Guidelines nachzulesen ist.
In diesen eigens erarbeiten „Policy Guidelines“ – also die Richtlinien des Netzwerks – steht unter Punkt 11 („Akute Probleme und mögliche Maßnahmen“) im zweiten Unterpunkt: „Bereitstellung von öffentlichen Unisex-Toiletten sowie von Umkleiden und Duschen für alle Geschlechter“.
Auch im ersten Unterpunkt haben die Mitgliedsstädte festgehalten: „LSBTIQ-offene und -freundliche Gestaltung der von Städten und Gemeinden gestellten öffentlichen Gebäude wie dem Rathaus, Bibliotheken, Museen, Sportstätten, Parks und Spielplätzen etc., z.B. durch Vielfalts- und Antidiskriminierungs-Erklärungen, Sticker und Symbole.“
Im Leitbild Mannheim 2030 hält die Stadt fest, dass in Mannheim 2030 kein Mensch herabwürdigt und diskriminiert werden solle. LSBTI sollen selbstverständlicher und wertgeschätzter Teil der Stadtgesellschaft von der Schule über das Arbeitsleben bis hin zum Fußballverein sein. Das jedoch setzt den Zugang zu passender Infrastruktur voraus.
Und wie sieht es aktuell tatsächlich in der Kommune mit dem Angebot an Unisex-Toiletten aus? Schreitet die Stadt mit einem positiven Beispiel voran?
Einige öffentliche Unisex-Toiletten in Mannheim vorhanden
Es gibt in Mannheim beispielsweise Unisex-Toilettenanlagen in E 1 am Paradeplatz, am Hans-Böckler-Platz sowie am Rheingoldplatz. Das teilte die Stadt auf Anfrage mit. Außerdem sehe das Konzept für kommende Toilettenanlagen „fast ausschließlich“ Unisex-Toiletten vor.
In städtisch verwalteten Gebäuden sieht es da schon anders aus: Es gäbe bereits „vereinzelt“ Unisex-Toiletten in städtischen Kitas und öffentlichen Gebäuden. Die Prüfung, ob eine Unisex-Toilette errichtet werden kann, erfolge Anlassbezogen und im Einzelfall.
Bei neuen Gebäuden würden Unisex-Toiletten für Besucher in der Planung berücksichtigt – die Stadt nennt hier zum Beispiel die Stadtbibliothek.
Unisex-Toiletten in Mannheim
- In den „Policy Guidelines“ des „Rainbow Cities Networks“ steht unter Punkt 11: „Bereitstellung von öffentlichen Unisex-Toiletten sowie von Umkleiden und Duschen für alle Geschlechter“.
- Beispiele von öffentlichen Unisex-Toiletten: am Paradeplatz, am Hans-Böckler-Platz und am Rheingoldplatz
- Konzept für kommende Toilettenanlagen sieht "fast ausschließlich" Unisex-Toiletten vor.
- Das QZM sagt dazu: die neuen, selbstreinigenden Toiletten sind automatisch Unisex, da sie nur über eine Kabine verfügen - sind aber nicht explizit als solche ausgewiesen. rad
Beim neuen Kombibad im Herzogenried, das nach Kampfmittelfunden nun 15 Millionen Euro teurer werden soll als geplant, jedoch nicht: Dort sei „die klassische Aufteilung „Damen/Herren/Behinderten“-WC“ vorgesehen. Warum sind dort keine öffentliche Toiletten sowie Umkleiden und Duschen für alle Geschlechter möglich? Die Stadt teilt mit, dass diese „klassische Aufteilung“ bei den Schwimmbädern und Sportstätten generell vorhanden sei.
An städtischen Schulen in Mannheim keine Unisex-Toiletten
Auch an den städtischen Schulen gibt es im Moment keine Unisex-Toiletten. Im neuen Waldhaus-Bau der Waldschule werde nach Fertigstellung die erste geschlechtsneutrale Toilette in einer Mannheimer Schule realisiert, so die Stadt. Die Unisex-Toiletten in dem neuen Bau seien sowohl für Lehrkräfte als auch für Schülerinnen und Schüler geplant. Fertigstellung des Bauprojekts sei aktuell für das Schuljahr 2025/2026 oder für das Frühjahr 2026 angestrebt. Damit sei das Problem aber nicht komplett gelöst, so das QZM: Das Zentrum weist darauf hin, dass auch angepasste Umkleiden oder Duschmöglichkeiten fehlen. Dies bedeute für „trans*, inter* und nicht-binäre Personen“ eine große Hürde an der Teilhabe.
In anderen Bereichen sieht es besser aus: In neun von elf Stadtteilbibliotheken gäbe es bereits Unisex-Toiletten, wie die Stadt mitteilte. Das seien die Stadtteilbibliotheken in Feudenheim, in Friedrichsfeld, im Herzogenried, in Käfertal, in der Neckarstadt-West, in Rheinau, in Sandhofen, auf der Schönau und auf der Vogelstang.
Außerdem würden bei städtischen Veranstaltungen wie dem Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters oder dem Regenbogenempfang der Stadt Mannheim einzelne Toilettenanlagen als „unisex“ ausgewiesen.
In Heidelberg sollen schrittweise Unisex-Toiletten in städtischen Gebäuden umgesetzt werden
Auch Heidelberg ist im Netzwerk der „Rainbow Cities“ vertreten. Auf Anfrage teilt die Stadt mit, dass in Heidelberg schrittweise Toiletten für alle Geschlechter bei Modernisierungen, Umbauten, Neubauten und Erweiterungsbauten städtischer Gebäude umgesetzt werden sollen – auf Grundlage eines Gemeinderatsbeschlusses aus dem Jahr 2022. Eine Übersicht mit den Standorten über WCs für alle Geschlechter existiere noch nicht.
Unisex-Toiletten in Heidelberg
- Eine Übersicht über Unisex-Toiletten existiert noch nicht.
- Heidelberg will schrittweise Toiletten für alle Geschlechter in städtischen Gebäuden umsetzen - Grundlage ist ein Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahr 2022.
- Unisex-Toiletten gibt es im Heidelberger Rathaus, in der halle02 und im Karlstorbahnhof.
Über den Bedarf und die Möglichkeiten für die Einrichtung von Unisex-Toiletten entscheiden in Heidelberg das Hochbauamt der Stadt und die zuständigen Bauherrenämter. Auch wird die Koordinationsstelle LSBTIQ+ des Amtes für Chancengleichheit in die Planung eingebunden, wenn eine genderneutrale Toilette gebaut werden soll.
Im Erdgeschoss des Heidelberger Rathauses gibt es seit 2020 eine Unisex-Toilette. In der halle02 sind ebenfalls genderneutrale Toiletten zu finden – ebenso wie Karlstorbahnhof. Auch in der Südstadt, im Check-Point-Haus, wird es eine genderneutrale Toilette geben.
Im Bereich der Schulen sind in Heidelberg das Hochbauamt gemeinsam mit dem Amt für Schule und Bildung zuständig für die Prüfung, ob genderneutrale Toiletten eingerichtet werden sollen. Dies sei beispielsweise bei den Planungen zum Neubau der Willy-Hellpach-Schule in der Südstadt der Fall.
Einige öffentliche Unisex-Toiletten in Ludwigshafen
In Ludwigshafen gibt es ebenfalls einige Unisex-Toiletten im öffentlichen Raum – denn die öffentlichen Toiletten sind meistens genderneutral.
Diese sind in der Erzberger Straße, Bismarckstraße, Sternstraße, Prinzregentenstraße, Haveringallee, Valentin-Bauer-Straße, am Goerdelerplatz, am Berliner Platz, in der Edigheimer-Straße, am Hans-Warsch-Platz, in der Parkstraße, der Rheingönheimer Straße und der Erzbergerstraße zu finden. Weitere Anlagen seien nach Angaben der Stadtverwaltung Ludwigshafen derzeit jedoch nicht geplant.
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