Mannheim. Übrigens … war ich letztens schon in der Früh schockiert. „Forscher fanden heraus: Ihr Morgen-Kaffee könnte nur ein Placebo sein“, titelte eine überregionale Zeitung. Ich hatte sofort den Drang, nachzuforschen. Im Text stand, das Wirken des Morgen-Kaffees habe „weniger mit dem Koffein selbst zu tun, als mit der erlernten Erwartung“. Wie bitte? Das klang höchst suspekt. Zumal ich gerade selbst auf der Volksdroge war und merkte, wie sie wirkte.
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Aber im Link zur Studie gab’s Gehirn-Scans. Nämlich die einer Kaffee-Gruppe und einer Wasser-mit-Koffein-Gruppe. Bei allen, die nur heißes Koffeinwasser tranken, sah man keinen Anregungseffekt. „Nur Koffein, auch nicht in Cola, reicht nicht, um sich neben dem Wach-Kick bereit für neue Aufgaben zu fühlen“, schlussfolgerten die Forscher. Es sei notwendig, „die Tasse Kaffee selbst zu erleben“, inklusive „des typischen Geschmacks und Geruchs, um diese Effekte zu erzielen“, hieß es.
1-Liter-Tasse ermöglich Geruch intensiv einzuatmen
Ahhh, jetzt macht einiges Sinn. Denn mir fiel auf: Ich habe hier viele tolle Tassen. Ich versuche wohl so, unterbewusst den Koffeineffekt zu steigern. Ich habe eine, so wuchtig, dass sie Tatwerkzeug sein könnte. Bestimmt kann ich durch die große Oberfläche den Kaffeeduft besser wahrnehmen. Das hat seinen Preis: Oft wurde ich schon auf sie angesprochen („Was zur Hölle ist das?“), denn sie fasst gefühlt einen Liter. Auf den anderen prangen lustige Sprüche. Die eine ist etwa in Form eines Kassenrezeptes mit einer gedruckten Verordnung von „Kaffee, mind. 500 ml 3x täglich“ versehen. Auf der anderen steht „Erst Kaffee, dann deine Probleme“, auf einer weiteren „Bitte einen Café-Schoko-Wodka-Valium-Latte to go“. Und ja: Ich beobachte, dass diese Tassen von anderen Kollegen eher bevorzugt werden als ihre langweiligen. Die Forschung scheint also recht zu haben! So viel zum Verstärkereffekt.
Tassen bekommen Beine
Letztens bekam eine Tasse sogar Beine. Vielleicht wollte sich der Kollege im Newsroom-Stockwerk unter mir den besonderen Koffein-Kick besorgen? Denn auf meiner Tasse neben seinem PC stand auf Englisch „Habe ich meine Augen mal wieder zu laut gerollt?“ Ich rannte also auf ihn zu, als ich sie nach langer Suche entdeckte. Und zeigte wild fuchtelnd auf die Tasse. Er verstand erst nicht. Dachte sogar, ich sei sauer auf ihn und schaute blass durch die Glastür. Doch als er merkte, dass es um mein liebstes Suchtmittelgefäß ging, signalisierte er baldige Rückgabe. Da verspürte ich Glück, ja Dopamin, fast wie durch Koffein.
Energydrink einfach umfüllen?
Nun, und grade überlege ich mir, was eigentlich passiert, wenn ich meine Dose Energydrink in die Tasse fülle ... Wobei, ich weiß nicht, ob ich das tun sollte. Kennen sie die Netze von Spinnen, denen in Versuchen der Weltraumbehörde NASA hohe Dosen Koffein verabreicht wurden. . .? Normal sehen die Netze nicht aus. Aber Moment mal, wie konnte die Dosis wirken, sie tranken doch aus keiner Minitasse? Naja, egal. Ich lass es lieber. Den nächsten Schluck gibt’s für mich erst morgen wieder!
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Glosse "Übrigens" Kaffeeliebe wissenschaftlich erklärt: Definitiv alle Tassen im Schrank!
"Ihr Morgen-Kaffee könnte nur Placebo sein": Eine Studie zum Lieblingsgetränk der Deutschen bringt "MM"-Redakteurin Lea Seethaler bereits frühmorgens aus der Fassung. Doch sie recherchiert - und plötzlich macht alles Sinn