Glosse "Übrigens " Freibier vom Staat? Nein, das gibt's auch in Mannheim-Sandhofen nicht

Im Mannheimer Stadtteil Sandhofen ist Freibier am 1. Mai Tradition. Thorsten Langscheid schildert, warum kurz der Eindruck entstand, die Stadt würde das bezahlen und was es mit den Bierkrawallen von 1873 auf sich hat

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Thorsten Langscheid
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Mannheim. Übrigens sorgte kürzlich im Kollegenkreis die Nachricht, der Bezirksbeirat Sandhofen würde das Freibier zum Maifeiertag spendieren, für einiges Aufsehen. Freibier vom Staat sozusagen, wenn das mal kein Aufregerthema ist. „Auf nach Sandhofen“, mag sich da mancher insgeheim gedacht haben, obgleich es natürlich in vieler Hinsicht kritikwürdig wäre, wenn mit Steuergeldern Bier gekauft und „fer umme“ ausgeschenkt würde. Warum nur in Sandhofen und nicht auch in allen 38 anderen Stadtteilen? - das wäre zum Beispiel eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt.

Nein, Scherz. Man müsste natürlich fragen: ist es überhaupt legal, Gelder aus dem Stadtbezirksbudget, über deren Verwendung der Bezirksbeirat beschließt, für den Alkoholkonsum der Bürgerinnen und Bürger bereitzustellen? Da wir, wie sich’s gehört, Nachrichten erst einmal sorgfältig prüfen, kam heraus, was Sandhöfer logischerweise längst wussten: Das Freibier, eine Tradition am Maifeiertag im Stadtteil, wurde in diesem Jahr privat von drei Bezirksbeiratsmitgliedern spendiert. Ob’s was damit zu tun hat, dass die edlen Spender allesamt für den Gemeinderat kandidieren, sei einmal dahingestellt.

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Jedenfalls kein so rechter Grund zur Aufregung. Allenfalls zur Feststellung, dass Freibier so etwas wie eine seltene Art geworden ist und man sich im Gegenteil über oftmals mehr als saftige Bierpreise wundert. Beim Wundern haben es die Mannheimer Freunde des Hopfengetränks allerdings nicht immer belassen. Als die Preise im Jahre 1873 von den damals noch 14 Brauereien in der Stadt drastisch angehoben wurden, kam es zu den Mannheimer Bierkrawallen. In mancher Innenstadtkneipe ging bei handgreiflichen Protesten gegen die Teuerung, die der Umstellung auf kostspielige Maschinen geschuldet war, soviel Inventar zu Bruch, dass die Aufschläge rasch wieder zurück genommen wurden.

In der Main-Metropole Frankfurt kamen im selben Jahr bei Protesten gegen die Preiserhöhung 20 Menschen ums Leben, die Bierkrawalle gelten rund um den Römer als schwerste soziale Unruhen zwischen den Revolutionen 1848 und 1918. Nicht überliefert ist, ob in Mannheim seinerzeit Freibier zur Beruhigung der Gemüter beitrug. Möglich wär’s durchaus.

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.

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