Mein Gott, endlich! Lange nach Ende meines Jahreshumorkontingents, das am 24. Februar aufgebraucht war, ist jetzt auch das Jahr vorbei, und ehrlich: Mir scheint, es geht so einiges zu Ende. Deutschland zum Beispiel. Nichts funktioniert mehr. Nicht mal mehr der Deutschen liebstes Spielzeug: der Panzer (ohne Ketten trifft man ihn auch gern mal mit Blondine am Steuer an – dann heißt der Puma schlicht SUV und funktioniert). Jetzt also ohne Puma. Die Luftwaffe hat ja vorsichtshalber schon mal von einem Produkt mit deutscher Beteiligung, dem Tornado, umgesattelt auf das Tarnkappen-Mehrzweckkampfflugzeug F-35 von Lockheed Martin aus Maryland, USA. Schade nur, dass man nicht auch bessere Flugabwehrgeschütze und Bodentruppen für Hansi Flick im Ausland einkaufen kann. Na ja, vielleicht wird alles möglich, wenn die Einwanderung mal geregelt ist.
Hand aufs Herz: Deutschland ist doch marode, geht es mir durch den Kopf, während ich allein vor mich hin kaue, weil meine Freundenden Alya, Caro und Bela längst urlauben, Bela, klar, beim Ski-Laufen. Also: Kein Handwerkernachwuchs. Kein Tempolimit. Keine Kinder. Keine Energie. Die Schulen so marode wie die Bundeswehr (die dazu von Reichsbürger-Nazis unterwandert ist). Die Straßen und Radwege so löchrig wie die Haushalte. Die Postbank antwortet nicht auf Mails, die Tram fährt im 20-40-Minutentakt, und die Bahn … was stimmte da doch gleich nicht? Ist mir entfallen.
Das Einzige, was jetzt so richtig gut funktioniert, ist die Work-Life-Balance. Die Leute werden immer dicker, weil sie mehr Zeit zum (Fr)-Essen haben. Neulich hat ein älterer Herr zu mir gesagt, dass der Wiederaufbau Deutschlands nach 1945 mit den Ansprüchen von heute nie funktioniert hätte. Die Trümmerfrauen würden noch heute an der Vergangenheit schleppen. 1870 arbeiteten deutsche Wesen durchschnittlich 68 Stunden die Woche, 1950 noch 48, heute sind es 35. Auf einer Liste der Jahresarbeitszeit stehen wir weltweit auf Platz 66. Kambodscha belegt mit 2455,55 Stunden pro Jahr Platz 1, China ist mit 2174,35 Stunden Elfter, die USA mit 1757,23 Stunden auf Platz 39 und Deutschland mit nur 1353,89 Stunden pro Jahr weit hinter Österreich, Italien, Spanien und Frankreich. In Griechenland arbeiten die Menschen fast 700 Stunden mehr, in Kambodscha fast doppelt so viel (ourworldindata.org/working-hours).
Vielleicht sollten wir einfach wieder mehr arbeiten. Das klingt unpopulär, ich weiß, und eigentlich wollte ich auch gute Laune verbreiten, aber es ist nun mal so, dass da, wie erwähnt, die Jahresration aufgebraucht ist. Na ja, ich gehe dann mal zum Bäcker und stelle mich in die Schlange, die bei uns jetzt so lang ist wie zu besten DDR-Zeiten. Die Leute sind einfach nur noch zu diesem einen Bäcker gegangen, bis es keinen anderen mehr gab. So führt radikaler Kapitalismus auch zu sozialistischen Zuständen. Was Marx und Engels da sagen würden? Egal.
Also wenn jemand weiß, was so richtig gut läuft in Deutschland (außer die Schweizer Uhren) – bitte melden. Guten Rutsch, aber bitte nicht Ausrutschen!
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