Jubiläum

100 Jahre Konditorei Schmerker in Lampertheim: Humor und Handwerk

Seit vier Generationen und 100 Jahren vereint die Lampertheimer Familie Schmerker Handwerkskunst, Ideenreichtum und Unternehmermut. Das ist ihr Erfolgsrezept.

Von 
Daniela Hoffmann
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Eine Familie freut sich über das 100-jährige Bestehen ihrer Konditorei: Jasmin Schmerker-Ventz (v.l.), sowie Pascal, Renate und Theodor Schmerker. © Berno Nix

Lampertheim. Es ist ein Traditionscafé wie aus dem Bilderbuch – mit Kronleuchter an der Decke und Chippendale-Stühlen um die Tische. 100 Jahre gibt es die Konditorei Schmerker jetzt in Lampertheim. Und selbst, wenn es für einen Moment so scheinen mag: Die Zeit ist dort ganz und gar nicht stehengeblieben. Im Gegenteil. „Man muss in unserem Handwerk die Trends erkennen, immer Neues ausprobieren“, sagt Geschäftsführer Pascal Schmerker und verrät damit eines der Geheimrezepte des Familienbetriebs.

Seine Urgroßeltern kamen ursprünglich aus Michelstadt im Odenwald. 1925 gründeten Theodor und Anna Schmerker das Geschäft in Lampertheim. Damals schon in der Kaiserstraße – allerdings in dem kleinen Gebäude neben dem heutigen Haupthaus. Dort, wo sich inzwischen der Laden für Hochzeitstorten befindet.

Betriebsgründer Theodor Schmerker (rechts) und seine Angestellten. © Konditorei Schmerker

Torten und Pralinen gehörten in den Anfängen noch nicht zum Angebot. Stattdessen backte Theodor Schmerker mit Leidenschaft Brot und Brötchen. Alles in Handarbeit und schon bald mit vier Angestellten. „Und weil wir einen großen Ofen hatten, konnten die Leute hier einmal pro Woche ihre Kuchen abbacken lassen. Viele ältere Lampertheimerinnen und Lampertheimer erzählen mir heute noch, dass sie als Kinder die Bleche von zu Hause vorbeigebracht haben“, schildert Pascal Schmerker, während er einem Kunden zuwinkt, der gerade zur Tür hereinkommt.

Lampertheimer Bäckerei 1953 zur Konditorei ausgebaut

Die Bäckerei überstand die Kriegsjahre, danach stieg Großvater Theodor Wilhelm mit ein. Bei einer Autopanne blieb er mit seinem Transporter in Westhofen liegen und lernte dort seine Frau Barbara kennen, die ebenfalls aus einer Bäckerfamilie stammte. Die beiden wollten etwas wagen, bauten die Lampertheimer Bäckerei 1953 zur Konditorei aus, eröffneten später dort eine zweite Filiale und übernahmen in den 1960er Jahren das damalige Café Kunkel in der Wormser Innenstadt.

In den Wirtschaftswunderjahren stieg die Kaufkraft. Die Menschen im Ried wollten – nach langer Phase der Entbehrungen – das Leben in vollen Zügen genießen. „Daher machte mein Opa Werbung mit auffälligen Schaustücken im Ladenfenster. Einmal stellte er dort einen aus Zucker geblasenen Papagei aus und schrieb ,Süß macht sexy‘ darunter. Ein Slogan, den ich mich damals nicht getraut hätte“, gibt der heutige Geschäftsführer lachend zu.

Theodor Wilhelm Schmerker mit einem Riesen-Schoko-Osterei aus eigener Produktion. © Konditorei Schmerker

Die Lampertheimer Konditorei wurde zum sozialen Treffpunkt. „Anfangs war das hier eher ein Herrencafé. In den 1980er Jahren änderte sich das aber. Dann hatten wir auch mehr weibliche Gäste“, erzählt Schmerker. Als es noch das Kino gegenüber gab, kamen die Besucher vor oder nach dem Film vorbei. Paare verabredeten sich dort. Vereinsjubiläen und Familienfeste wurden gefeiert.

Neue Produktionsstätte und weitere Filiale in Worms

Der Vater des heutigen Juniorchefs übernahm den Betrieb 1990. Tochter Jasmin und Sohn Pascal, die in der Wohnung über den Café-Räumen aufwuchsen, liebten es, als Kinder in der Konditorei zu helfen. „Ich hatte als kleiner Junge eine schicke Weste und eine Fliege für die Konditorei, habe dort am Wochenende ausgeholfen und zunächst die Aschenbecher ausleeren dürfen. Dafür hab‘ ich mein erstes Trinkgeld bekommen“, verrät der Geschäftsführer augenzwinkernd. „Auch so was ist inzwischen kaum mehr denkbar.“

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Unterdessen stand für die Eltern der nächste Schritt in der Geschäftsentwicklung an. Um ausreichend Platz für die Produktion ihrer Backwaren zu haben, entschieden Renate und Theodor Schmerker, eine neue Produktionsstätte in Worms zu bauen. „Eine schöne, helle Halle, aber auch eine Rieseninvestition für die beiden, die erst Anfang dreißig waren.“ Dazu kam eine weitere Filiale in Worms.

Die Konditorei wuchs weiter, nachdem Jasmin Schmerker-Ventz 2008 und Pascal Schmerker 2013 einstiegen. Der Bruder hatte BWL studiert, die Schwester erfolgreich die Meisterprüfung des Konditoren- und Bäckerhandwerks gemacht. „Beides ist heute wichtig, um mit der Konkurrenz der großen Ketten leben zu können“, betont Pascal Schmerker. Um ihre Produktionskapazitäten optimal auszunutzen, eröffneten die Geschwister ein weiteres Café im Bibliser Ortsteil Wattenheim und eines in Bobstadt, das zu Bürstadt gehört.

Ein Baumkuchen zur Eröffnung der Produktionsstätte in Worms. Rechts der jetzige Seniorchef Theodor Schmerker mit seiner Frau Renate sowie die Kinder Jasmin und Pascal. © Konditorei Schmerker

Doch Expandieren allein reicht nicht. „Man muss sich mit viel Kreativität vom Standard-Sortiment abheben, das auch andere bieten“, ist der jetzige Geschäftsführer überzeugt. Dass sie das kann, beweist die Lampertheimer Familie vor allem mit ihrem Lädchen gleich neben dem Haupthaus, in dem Brautpaare Hochzeitstorten bestellen können.

Zu Corona-Zeiten: Törtchen in Form von Toilettenpapierrollen in Lampertheim

Aber auch mit anderen Aktionen machen die Schmerkers immer wieder von sich reden. Beispielsweise zu Anfang der Corona-Zeit, als sie ihren Kunden Törtchen gefüllt mit Vanille-Preiselbeer-Creme in der Form von Toilettenpapierrollen anboten. Diese Rollen waren während der Pandemie plötzlich gefragt wie nie und die Törtchen der Versuch, ein wenig Spaß in diese anstrengende Zeit zu bringen. „Erst haben wir überlegt, ob das vielleicht ein wenig gewagt ist. Dann aber wurden binnen weniger Wochen rund 1000 Exemplare davon verkauft“, berichtet Pascal Schmerker, während er hinter der Theke ein Stück Pflaumenkuchen abschneidet.

Mit Humor und Engagement fürs Handwerk will die Familie auch in Zukunft weiter machen. Sie bildet aus, trotzt den üblichen Unwägbarkeiten wie Digitalisierung, steigenden Energie- und Materialkosten, setzt Einfallsreichtum dagegen. Auch das ist eines der Geheimrezepte der Schmerkers.

Redaktion

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