Zumindest mit zwei seiner Werke ist er im kulturellen Gedächtnis präsent geblieben. Der auch immer wieder mal als Schullektüre behandelte Roman „Der Untertan“ aus dem Jahr 1918 ist Heinrich Manns hierzulande insgesamt bekanntestes Buch geblieben. Und mit einem weiteren Roman, „Professor Unrat oder Das Ende eines Tyrannen“ von 1905, lieferte Mann nicht nur gehobene Literatur, sondern eben auch die literarische Vorlage für Josef von Sternbergs populären Spielfilm „Der blaue Engel“ (1930), dem freilich weniger die Verkörperung der zentralen Rolle durch Emil Jannings zum Erfolg verhalf als vielmehr die aufstrebende Marlene Dietrich als Nachtclubtänzerin „fesche Lola“.
Beide Werke verdeutlichen, wofür der am 27. März vor 150 Jahren in Lübeck geborene Schriftsteller vor allem stand: Für literarische Qualität gepaart mit Zeitkritik, die auch deutlich satirische Züge annehmen konnte. Anders als sein vier Jahre jüngerer, bekannterer und insgesamt höher geschätzter Bruder Thomas war Heinrich Mann früh schon ein Kritiker des deutschen Kaiserreichs. Den Untertanengeist geißelte er ebenso wie ein antiquiertes Bildungsideal, das dem Leben, wie es eben ist, nicht gerecht werden kann.
Anders als Thomas Mann brauchte Heinrich nicht erst bis nach dem Ersten Weltkrieg, um seine Wertschätzung für die Demokratie zu entdecken. Er hatte sie längst, und zwar für die Sozialdemokratie. Die Teilnahme Deutschlands am Ersten Weltkrieg lehnte er anders als der Bruder von Beginn an strikt ab.
Geplante Rückkehr nach Berlin
Später, angesichts des aufziehenden Nationalsozialmus, gab Heinrich seiner politischen Überzeugung deutlich sozialistische Züge. Doch Thomas übertraf in seiner Wirkung den älteren Bruder eine Weile danach, in Radioansprachen vom Exil aus, auch in politischer Hinsicht. Beide Brüder hatten übrigens die Schule vor dem Abitur verlassen, waren aber gleichwohl hoch gebildete Autoren. Vor den Nationalsozialisten retteten sich ebenfalls beide ins amerikanische Exil, wobei Heinrichs Weg über Frankreich führte.
Von 1930-33 war Heinrich Mann Präsident der Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste; ein ähnliches Amt hätte er nach dem Krieg wieder übernehmen sollen. Die DDR trug ihm die Präsidentschaft der Deutschen Akademie der Künste an; Heinrich, bereits mit dem ersten „Nationalpreis für Literatur“ geehrt, wollte das Amt übernehmen, doch kurz vor der Abreise nach Deutschland starb er am 12. März 1950 im kalifornischen Santa Monica. Die Rückkehr in ein ruhmreiches, unabhängiges Leben blieb ihm, der im Exil auf die Unterstützung des Bruders angewiesen war, verwehrt. Vollendet hatte er dort noch seine Memoiren, die unter dem sprechenden Titel „Ein Zeitalter wird besichtigt“ erschienen sind.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/leben/gesehen-und-gehoert_artikel,-gelesen-heinrich-mann-war-schon-frueh-demokrat-und-zeitkritiker-_arid,1776985.html