Ferienhäuser mal anders

Vom umgebauten Bauernhaus bis zum Aquarellmuseum: Jan Hamer stellt auf seiner Internetseite ausgefallene Unterkünfte für Liebhaber architektonischer Schmuckstücke vor. Dafür reist der Architekt durch ganz Europa.

Von 
Daniela Hoffmann
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Kilometerlang reihen sich retortenartige Hotelburgen am Strand aneinander – mit tausenden immer gleich eingerichteten Zimmern. Für Individualisten kein Ort, um im Urlaub Erholung zu finden. Auch bei Ferienhäusern sah es lange Zeit ganz ähnlich aus. „Über das Angebot habe ich mich oftmals gewundert oder gar geärgert“, erinnert sich der Hannoveraner Jan Hamer (Bild) im Interview mit dieser Zeitung. Für den Architekten Grund genug, um sich auf die Suche nach Domizilen zu machen, die außen wie innen konsequent einem gestalterischen Konzept folgen. Denn es begeistert ihn, gerade auch auf Reisen, „dem Zauber eines gelungenen Bauwerks zu erliegen“.

Empfehlungen von Freunden

So begann Hamer, intensiv nach außergewöhnlichen Urlaubsunterkünften zu recherchieren, bat Freunde und Bekannte um Empfehlungen. Eine Sammlung von Wohn-Schätzen nahm so ihren Anfang. „Irgendwann hatte sich dann herumgesprochen, dass man mich wegen Tipps fragen kann“, erzählt Hamer. Daraus entstand vor zehn Jahren die erste Version der heutige Website www.urlaubsarchitektur.de: Auf ihr finden Liebhaber individueller Reisen jetzt mehr als 470 Traumunterkünfte.

Wer die Homepage aufsucht, erwartet dort vielleicht am ehesten eine Immobilie wie die Villa Casanova di Mesola. Sie liegt auf einem 13 Hektar großen Grundstück inmitten der Hügel Umbriens. Das zunächst heruntergekommene Bauernhaus hat sich nach der Sanierung in ein stilvolles 300-Quadratmeter-Feriendomizil verwandelt. Mit vier Schlafzimmern, drei Bädern, Pool, Sauna, mehreren Terrassen und einem weiten Blick in uralten Baumbestand. Selbst in der absoluten Nebensaison ist das natürlich kein Schnäppchen. Allerdings schwärmen Familien, die dort die schönste Zeit des Jahres verbracht haben, im Internet: etwa vom „Backen der eigenen Pizza im dafür vorgesehenen Holzofen“ oder vom „sicheren Spielbereich für Kinder“.

Doch Hamer und sein Team, das die inzwischen interaktiv gewordene Architektur-Plattform betreibt, nehmen auch einfache Unterkünfte in ihre Sammlung auf. „Denn Luxus bemisst sich nicht zwingend an der Frage, ob beispielsweise ein Fernseher oder eine Sauna vorhanden sind. Manche Häuser“, macht der Architekt deutlich, „bieten mittlerweile ganz bewusst kein WLAN oder sonstige Ablenkungen“.

Eines dieser eher spartanischen Kleinode befindet sich etwa auf der Insel Tjörn vor der Westküste Schwedens: das Aquarellmuseum Nordic Watercolour. Zu ihm gehören fünf Gast-Studios, die an Kreative aber auch an andere Gäste vermietet werden. Die Holzhäuser ähneln in ihrer Farbe den umliegenden Klippen. Sie verfügen über eine Schlafempore und eine Kochgelegenheit. Den besonderen Reiz aber machen vor allem die Fenster an drei Hausseiten aus, durch die viel Licht in das Gebäude dringt und die freie Sicht aufs Wasser gewähren. Besucher Friedrich Wolf findet „die Lage einmalig schön“. Die Häuser verfügten allerdings nur über zwei Einzelbetten und seien darüber hinaus „sehr schlicht und funktional eingerichtet“. „Ich würde dort keine Woche verbringen wollen“, erklärt er im Netz, „aber für ein Wochenende ist es etwas ganz Besonderes“. Von einem Aufenthalt in einem dieser außergewöhnlichen Domizile können die Urlauber auch einiges mit nach Hause nehmen, ist Hamer überzeugt: „Es gibt eine Reihe von Gästen, die sich über unsere Häuser Inspirationen für den eigenen Wohnalltag holen. Denn in den Ferien kann man natürlich wunderbar experimentieren: Spricht mich ein anderer Wohnstil wirklich an? Und wie fühlt es sich an, anders zu wohnen?“ Solche Versuche sollen Singles, Paare, Familien und Gruppen machen können. In Ferienhäusern, Appartements, B&Bs und Hotels. Jeden Freitag stellen die Macher dafür eine neue Unterkunft auf ihrer Internetseite vor. Darunter beispielsweise ein ausgedienter Wasserturm in Potsdam, der Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut und ursprünglich zur Wasserversorgung von Dampflokomotiven genutzt wurde.

Kontakt zu Besitzern

Oder ein behutsam renoviertes Heidenhaus aus dem frühen 15. Jahrhundert im Schweizer Kanton Wallis. Der Name dieses Gebäudetyps erinnert daran, dass man früher annahm, solche Holzbauten stammten noch aus vorchristlicher Zeit. Und wer darf als Anbieter sein Ferienhaus unter all diesen Schmuckstücken auf der Homepage präsentieren?

Mittlerweile sei das Angebot an hochwertigen Ferienhäusern groß, betont Hamer. „Heute besteht meine Aufgabe eher darin, eine Auswahl zu treffen.“ Drei Kriterien spielen für ihn dabei eine besondere Rolle: die Qualität beim Aufenthalt, die konsequente Umsetzung des architektonischen Konzepts und die Gastfreundschaft der Anbieter.

Ganz bewusst habe er sich daher auch dagegen entschieden, dass Interessierte direkt über seine Seite ein Urlaubsdomizil buchen können. Die Gäste sollen sich stattdessen direkt bei den Eigentümern der Häuser melden, die viel an eigenen Ideen in die Gestaltung einer Unterkunft eingebracht haben. So entstehe dann oft bereits zu Beginn eine ganz besondere Verbindung.

Infos und Buchtipp

  • Internet: Mehr als 470 Feriendomizile werden auf der Internetseite www.urlaubsarchitektur.de vorgestellt – darunter Ferienhäuser, Appartements, B&Bs und kleine Hotels, die in der Regel familiengeführt sind. Die Sammlung ist seit 2007 online.
  • Schwerpunkt Europa: Die meisten dieser Unterkünfte befinden sich in Europa (21 Länder), da die Macher der Seite die Immobilien vor ihrer Präsentation im Netz in Augenschein nehmen wollen.
  • Andere Kontinente: Dazu kommt jedoch auch eine kleine Auswahl an Urlaubsbleiben in Staaten außerhalb Europas, beispielsweise in Kanada, Südafrika oder auf den Kapverden.
  • Literatur: Die Ferienobjekte stellen Jan Hamer und sein Team in einer Buchreihe vor. Das Jüngste: „Urlaubsarchitektur 2018“, Herausgeber Jan Hamer, Verlag: Edition Urlaubsarchitektur, 276 Seiten, 36,95 Euro. 

Redaktion

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