Konzert

Marienvesper begeistert Mannheimer Publikum mit großer Klangkunst und feinen Nuancen

Die Konkordien-Kantorei bietet gemeinsam mit dem Vokalensemble Polyharmonique und dem Instrumentalensemble La Banda ein Konzert voller Kunstfertigkeit und spirituellem Ausdruck.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Die Konkordien-Kantorei und das Ensemble Polyharmonique (für die Solo-Stellen) werden vom Orchester La Banda auf historischen Instrumenten begleitet. © Markus Proßwitz / masterpress

Mannheim. Wenn man, nach diesen besonderen zwei Stunden etwas lichtscheu und lärmempfindlich, durch die süßen Shisha-Schwaden der Innenstadt geht, wo mit krachenden Trommelsalven die Meisterschaft eines türkischen Fußballclubs gefeiert wird, fühlt man sich als Bewohner zweier Welten. „Die Marienvesper und Mannheim haben so viel gemeinsam“, schreibt Heike Kiefner-Jesatko im Vorwort zur Aufführung von Monteverdis Wunderwerk. Mag sein; doch in diesem Moment, so unmittelbar nach dem Verklingen, ist man in erster Linie von der zeitlosen und universellen Gültigkeit dieser Musik überwältigt.

Der Dirigentin ist mit ihrer Konkordien-Kantorei, dem Vokalensemble Polyharmonique und dem Instrumentalensemble La Banda eine Aufführung der „Marienvesper“ gelungen, die nachhaltig beeindruckt. Kunstfertigkeit, Filigranität, Zärtlichkeit und Größe, in der sich gleichwohl Demut birgt, zeichnen Psalmgesänge, Magnificat und Monodien aus. Ob die Teile der „Marienvesper“ als Einheit gedacht waren oder nachträglich zusammengefügt wurden, bleibt offen. In der Mannheimer Konkordienkirche drängte sich jedoch der Eindruck eines unauflöslichen Zusammenhangs auf, der sich vor allem der ungebrochenen dynamischen Spannung verdankte, die in Chor, Sologesang und Instrumentalbegleitung über die gesamte Dauer anhielt.

Besonders vom Chor sind hohe Flexibilität und Spontaneität gefordert

Unter dem Verzicht auf antiphonale Gesänge traten die liturgischen Bezüge dieser Vesper in den Hintergrund. Dennoch gelangte der spirituelle Charakter in Chor- und Sologesang sowie in dem mit Streichern, Fagott, Posaunen, Zinken und Orgelcontinuo besetzten Ensemble La Banda zu einem prägnanten Ausdruck. Besonders vom Chor sind aufgrund Monteverdis vorbarocker und seinerzeit hochmoderner Kompositionstechniken hohe Flexibilität, Impulsivität, Präsenz und Spontaneität gefordert.

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Von
Simone Kiß
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Dynamische Wechsel und rhythmische Variabilität erfordern obendrein ausgeprägte technische Fähigkeiten. Diese wurden weder im Chor noch gar bei den Vokalsolisten vermisst, die mit Magdalena Harer, Anna Nesyba (beide Sopran), Jaro Kirchgessner (Countertenor), Johannes Gaubitz, Christopher Benz (beide Tenor) sowie Felix Rumpf (Bariton) und Markus Flaig (Bass), der für Matthias Lutze einsprang, glücklich besetzt waren.

Ein bewegender Abschluss eines aufwühlenden Konzerts

Klangfülle und Empfindungsreichtum, polyphonale Harmoniegeflechte und ein Cantus Firmus, der fortwährend durch die Stimmen wanderte, ließen sich bei dieser Aufführung – bis auf wenige intonatorische Unsicherheiten im Chor – auch dank des präzisen und beherzten Dirigats Heike Kiefner-Jesatkos ungetrübt erleben. Die Konkordien-Kantorei erreichte von der andächtigen Verinnerlichung bis zum strahlenden Hymnus eine enorme Ausdrucksintensität. Die instrumentalen Beiträge verstanden sich zudem nicht als zweitrangige Zutaten, sondern verliehen dem affektreichen Gesang zusätzlich Farbe und Deutung.

Allein das abschließende „Amen“ mit Chor und Solisten war von derart eindringlichem Wohlklang und aufblühender Klangpracht, dass hier nur der reichlich abgegriffene Begriff von Schönheit, allerdings in seiner reinsten Form, zutreffen mag. Ein bewegender Abschluss eines aufwühlenden Konzerts. Diese „Marienvesper“ hat den Geist erfrischt und das Herz erwärmt.

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