Vorschau/Albumkritik

LaBrassBanda wollen in Ladenburg „Polka Party“ feiern

So klingt das neue Album der Bläserband um Stefan Dettl, die am 22. August ein Open Air auf der Festwiese spielt.

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Stefan Dettl (vorn) und LaBrassBanda wollen am 22. August auf der Ladenburger Festwiese eine "Polka Party" feiern. © David Koenigsmann

Ladenburg. Ein Gespräch mit Stefan Dettl ist vor allem eines entspannt: Ganz Gemütsmensch verbreitet der Frontmann von LaBrassBanda (LBB) und studierte Musiker tief in ihm ruhende Bärenruhe. Das passt gut zum 2021er-Album „Yoga Symphony No. 1“ – und so gar nicht zu dem energiestrotzenden Bühnentier, in das sich der stets barfuß spielende 44-Jährige Sänger und Trompeter mit seiner achtköpfigen Band im Rücken beim Konzert verwandelt. Wer die urbayrische Truppe 2023 beim Zeltfestival in Mannheim erlebt hat, weiß, wovon die Rede ist.

Und das frisch erschiene siebte LBB-Album „Polka Party“ knüpft genau an diese mitreißenden Bläserspektakel an – der Titel hält jedenfalls, was er verspricht. Live gefeiert werden soll unter anderem bei einem der diesjährigen Open Airs auf der Ladenburger Festwiese. Am Freitag, 22. August, gibt es dort ein kleines Festival mit drei weiteren Bands, darunter das Münchner Urban-Brass-Tentett Moop Mama.

Zwölf Songs, die fast 40 Minuten lang gute Laune verbreiten

Natürlich liefern Dettl, Manuel Winbeck (Posaune), Manuel Da Coll, Tobias Weber (beide Schlagzeug), Fabian Jungreithmayr (Bass), Jörg Hartl, Korbinian Weber (beide Trompete), Matthias Hoffmann (Tuba) und Michael Wagner (Gitarre) keine Musik für einen Tanzboden im 19. Jahrhundert. Die Polka liefert nur das – immer komplexe – rhythmische Korsett, flankiert von der Tuba und befeuert von drei Trompeten. Zwölf Songs, die fast 40 Minuten lang gute Laune verbreiten – und Bewegungsdrang.

PRODUKTION - 18.03.2025, Bayern, Surberg: Die Mitglieder der Band LaBrassBanda stehen unweit ihres Aufnahmestudio für ein Gruppenbild zusammen. © Peter Kneffel/dpa

Dass die Welt positive Kontrapunkte gegen den deprimierenden Zeitgeist braucht, ist genau das Ziel dieses Albums ist, wie Dettl im Gespräch in tiefem bayerischen Dialekt bestätigt: „Auf alle Fälle braucht es gemeinsame schöne Erlebnisse. Das sehen wir bei unseren Konzerten, wenn wir in lachende Gesichter schauen und die Leute lachen dann zurück. Dieser Energieaustausch ist sauwichtig in dieser Zeit.“ Er bringt es auf die Formel: „Zusammenhalten und das Gefühl vermitteln, dass man nicht allein ist.“ Die Idee, das Werk „Polka Party“ zu nennen, kam ihnen bei ihren zahlreichen Auslandskonzerten: „Da fragen wir die Leute hinterher oft, woher sie uns eigentlich kennen. Und dann heißt es oft: Ihr seit doch diese Polka-Punk-Band aus Deutschland“, erklärt Dettl lachend.

Album-Cover zwischen Deichkind und „Guardians Of The Galaxy“

Nun, von Punk spürt man hier nur die scheinbar ungezügelte Energie. Wobei stilistisch sehr viel passieren kann: Der erste Song „Almaty“ setzt wie „Balkanhochzeit 2. Tag“ auf irres Tempo, krasse Dynamikwechsel und orientalische Einsprengsel. Pop, Rock, Ska, Brass-Band-Sounds, technoide EDM-Repetitionen („Rabbit“), urbane Klänge mit leichter R&B-Anmutung („Senf“) – und erstmals Hip-Hop in Reinkultur. Roger Rekless, der im Sommer 2024 mit Deichkind die Ladenburger Festwiese aufgemischt hat, veredelt das funky-spacige „Space Bäda“ mit einer flammenden Reimkaskade. Was perfekt zum Albumcover passt, das Städel-Professor Tobias Rehberger für LaBrassBanda als Aquarell gemalt hat. Darauf posieren die Bandmitglieder in Fantasieuniformen à la Deichkind, als ob sie sich für den nächsten „Guardians Of The Galaxy“-Film bewerben wollten.

Künstler Tobias Rejberger hat das Cover von "Polka Party" gemalt. © Tobias Rehberger/EmbassyOfMusic

Humor und gute Laune treffen auf den musikalischen Anspruch der meistens klassisch ausgebildeten Vollblut-Instrumentalisten – idealtypisch bei „Polka King“ oder Eisbär. Nur beim Stück „Teufelstanz“, das stilistisch am urtümlichsten daherkommt und wohl auch vor 300 Jahren zum Tanzen animiert hätte, wird es ernst: Mit einfachen Worten setzt es ein deutliches Statement gegen Antisemitismus, Rassismus, Diskriminierung – und die wutbürgerliche Verdrossenheit über Alles und Nichts. Danach beendet mit „Egyptian Reggae“ ein Instrumental-Stück das Ganze vergleichsweise entspannt. Dass LaBrassBanda ihr bisher politischstes Lied in der Tradition von Hubert von Goiserns „Brenna tuats guat“ veröffentlichen, passt auch wieder in die verrückte Zeit.

Apropos: Das alles passt perfekt in die Idyllische Kulisse am Ladenburger Neckar: sattes Grün, hohe Bäume, Blick auf den Fluss, die pittoreske Altstadt auch in Sichtweite. Wenn man Dettl diesen Locus amoenus schildert, spürt man bei ihm regelrecht die Vorfreude. Und er bejaht die Frage, ob er sich auf dieser Festwiese eine der durchaus üblichen Yoga-Einlagen im Konzert vorstellen kann. „Schaun wir mal.“

LaBrassBanda mit Moop Mama, X Älice und Dis M im Vorprogramm am Freitag, 22. August, ab 18.30 Uhr auf der Festwiese Ladenburg. Karten 59.85 Euro plus Gebühren unter www.eventim.de.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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