Mannheim. Mackefisch sind nicht unbedingt mit leichtem Gepäck unterwegs, aber mit Sinn, Verstand und Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Das Mannheimer Musikkabarett-Duo reist mit der Bahn und führt dabei ein umfangreiches Sammelsurium an Instrumenten mit sich, das neben Gitarre, Banjo oder Keyboard unter anderem ein modulares Kofferschlagzeug-Set umfasst. Letzteres bietet den Vorteil, andere Upcycling-Utensilien darin verstauen zu können – „Matrjoschka-mäßig“, wie Lucie Mackert mit Blick auf das bekannte Schachtelpuppen-Prinzip anmerkt. Diese Analogie liefert zugleich ein treffendes Sinnbild für die Musik- und Kabarettkunst des Duos an sich, das in der heimatlichen, sehr gut besuchten Klapsmühl‘ am Rathaus sein aktuelles Programm „Komplizirkus“ präsentiert: Lucie Mackert und Peter Fischer setzen nicht auf die offensichtliche, leicht zu platzierende Pointe, sondern enthüllen ihren hellsichtigen Humor peu à peu. Sie führen uns gleichsam durch hintergründige Wendungen zu tiefer liegenden Erkenntnisschichten.
Mackefisch besingt selbstironisch die Selbstgefälligkeit des Menschen
Wenn die beiden etwa im Zugabe-Song „Generationengerechtigkeit“ darum bangen, dass der eigene „potentielle Enkel“, für den man in fieberhafter, verzichtsvoller Klimarettungsanstrengung den Planeten bewahren will, ein unleidliches Ego-Ekel werden und also all diese Mühen nicht würdigen würde, dann halten sie in der Hinterhand, dass jener Nachkomme ja auch ein Spiegel unser selbst – und damit freilich ein ganz zauberhaftes Wesen sein könnte. So wie man sich eben gern im moralischen Koordinatensystem verortet. Alle anderen aber mögen darin die rücksichtslosen und schlechten Zeitgenossen sein.
Macker und Fischer besitzen den Esprit, die nötige Selbstironie und sympathische Schlagkraft, um ihr Publikum nonchalant aus dem kommoden Sitz der Selbstgefälligkeit zu schaukeln und dabei zugleich glänzende Unterhaltung zu bieten. Das mehrfach preisgekrönte Duo, das auch privat ein Paar ist, spielt seit 2019 zusammen. Ihre Songs changieren souverän zwischen Pop, Chanson und Liedermacherkunst; beide singen, Fischer spielt das Keyboard, Mackert die Saiteninstrumente und das Schlagwerk (wozu auch ein Baumwollbeutel gehört, in dem eine Plastikbox steckt – was wiederum ein schönes Bild für notdürftig verbrämte Scheinheiligkeit ist).
Das Publikum klatscht das Duo für gleich drei Zugaben zurück auf die Bühne
In hochmusikalischer Manier verübeln sie dem Thunfisch seine Quecksilberbelastung („Du hast mich eiskalt ausgetrickst“), laden zum kollektiven Einkuscheln in Selbstgerechtigkeit („Die Freiheit lass ich mir nun wirklich nicht nehmen – von denen“), schlagen aber auch zart-fesselnde zwischenmenschliche Töne an („Bitte halte mich zeitweise fest“). Entlarvend redet Fischer einem vordergründig verständnisvoll-differenzierten Chauvinismus das Wort, mitsamt Ermunterung zum männlichen „Ich, ich, ich“-Publikumschor, und vor dem Hintergrund des aktuellen EU-Bekenntnisses zur klaren Lebensmittelkennzeichnung haben Mackefisch „quasi zum Dank eine kleine Hymne geschrieben“: „Wie sollst du eine Tofu-Wurst als Tofu-Wurst erkennen, wenn die Tofu drauf schreiben und es trotzdem Wurst nennen?“, empören sie sich in hochkomischer Manier. Die Folge dieser kabarettistischen Kompetenz: Gleich dreimal klatscht das Publikum Mackefisch für eine Zugabe zurück auf die Bühne.
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