Das Interview

Hurra, sie leben noch - mit jugendlichen Idealen

Im Interview spricht der Vorsitzende Benjamin Grän über die Mannheimer Bläserphilharmonie, die 20 Jahre Unabhängigkeit mit einem besonderen Konzertprogramm feiert.

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Dynamisch: die Mannheimer Bläserphilharmonie im Mozartsaal (Benjamin Grän, hinten vierter Tubist von links). © Bläserphilharmonie

Das Wichtigste in Kürze

- Die Mannheimer Bläserphilharmonie feiert 20 Jahre Unabhängigkeit in Mannheim.

- Benjamin Grän betont die jugendlichen Ideale und den Gemeinschaftsgeist.

- Das Jubiläumskonzert im Rosengarten zeigt Werke großer Komponisten.

Herr Grän, vor 20 Jahren trennte sich die Bläserphilharmonie mit einigem Krachen von der Musikschule Mannheim. Hätten Sie damals gedacht, dass die Sache dann so lange hält?

Benjamin Grän: Viel darauf gewettet hätte ich wohl nicht, dass unser Orchester 20 Jahre nach der Trennung von der Musikschule noch auf so hohem Niveau besteht. Wir waren damals um die 80 Musikerinnen und Musiker und viele engagierte Unterstützerinnen und Unterstützer – damit war eine wesentliche Voraussetzung für ein funktionierendes Orchester oder einen funktionierenden Verein gegeben.

Aber dann waren die Voraussetzungen doch ganz gut …

Grän: ... ja, schon, aber es gab doch sehr viele Unsicherheiten: Probenort, Dirigent, Finanzierung, Instrumentarium … das war zu Beginn alles andere als klar. Und auch, ob die mit Stefan Fritzen erarbeitete Qualität aus den sehr erfolgreichen Jahren an der Musikschule Mannheim langfristig erhalten bleiben würde. Vieles hat sich dann aber über die Zeit gefügt.

Fritzen war dann ja doch irgendwie ersetzbar.

Grän: Zumindest hatten wir großes Glück mit unseren Dirigenten: Markus Theinert leitete das Orchester bis 2015. Er ist ein Schüler Sergiu Celibidaches und hat sehr durchdacht, vor allem wunderbar musikalisch empfunden, mit dem Orchester gearbeitet. Wir konnten mit ihm und auch mit unserem jetzigen Dirigenten Miguel Ercolino an Wettbewerbserfolge anknüpfen, Konzertreisen unternehmen, 2019 nach China, und auch außergewöhnliche Projekte abseits vom üblichen Blasorchester-Repertoire in die Tat umsetzen. Unsere Konzerte im Rosengarten sind nach wie vor gut besucht.

Benjamin Grän und die Bläserphilharmonie

    • Benjamin Grän: Der 44-Jährige verbrachte seine Jugend an der Musikschule Mannheim und studierte Orchestermusik, Schulmusik, Geschichte und Mathematik. Er unterrichtet seit 2014 Musik, Mathematik und Geschichte, ist Tubist in einigen Ensembles und seit 2015 Vorsitzender der Mannheimer Bläserphilharmonie.
    • Mannheimer Bläserphilharmonie: Ursprünglich als Sinfonisches Jugendblasorchester Mannheim gegründet, hat sich die Bläserphilharmonie auch nach der Trennung von der Musikschule 2005 zu einem renommierten Ensemble mit internationalen Preisen entwickelt. Gegründet wurde sie von jungen Musikbegeisterten.
    • Konzert: „Auf den Schultern von Riesen“, 6. April, 11 Uhr, Mozartsaal (Tickets: reservix.de, tickets@mbp-ev.de oder Telefon 0621/40.17.28.46).

Wie ist die Philharmonie aktuell aufgestellt?

Grän: Die Zusammensetzung ist heterogener als vor 20 Jahren, aber nach wie vor ist die Bläserphilharmonie eine tolle und starke Gemeinschaft. Zurzeit hat das Orchester etwa 90 Mitglieder – nur ein kleiner Teil der aktuellen Besetzung war schon bei der Trennung von der Musikschule und der anschließenden Vereinsgründung 2005 dabei.

Wie kommt es, dass Sie nach 20 Jahren immer noch dabei sind?

Grän: Die Mannheimer Bläserphilharmonie ist meine musikalische Heimat. Ich habe im Laufe meines Studiums an der Musikhochschule in Mannheim und in meiner freiberuflichen Zeit in vielen anderen Ensembles und Orchestern musiziert und tue es noch heute, doch die Konzerte der Bläserphilharmonie sind für mich immer besondere Erlebnisse, weil mir das Orchester sehr am Herzen liegt. Seit zehn Jahren bin ich Vorsitzender des Trägervereins Mannheimer Bläserphilharmonie e. V., und mir gefällt die Aufgabe, die musikalischen Projekte und die Zukunft unseres Orchesters mitzugestalten.

Ursprünglich waren Sie ja ein Jugendprojekt. Wie jugendlich ist die Bläserphilharmonie noch?

Grän: Wir sind neugierig, ambitioniert, unternehmungslustig und wollen uns von der Musik begeistern lassen – ich würde schon sagen, dass die Bläserphilharmonie jugendliche Ideale hat. Wir fühlen uns also ziemlich jung und sind mit einem Altersdurchschnitt von 28 Jahren auch noch ein recht junges Orchester. Aber als Jugendprojekt im engeren Sinne sehen wir uns schon lange nicht mehr. Die Umbenennung von Sinfonisches Jugendblasorchester Mannheim zu Mannheimer Bläserphilharmonie erfolgte auch schon zu Musikschulzeiten im Jahr 2003. Mit unserem Jugendblasorchester, Projekten wie dem Upcycling-Orchester oder dem Aufwind-Wettbewerb für Bläserklassen und Schulblasorchester engagieren wir uns aber in der Jugendarbeit.

Benjamin Grän von der Mannheimer Bläserphilharmonie. © Andreas Frank

Das neue Programm heißt ja „Auf den Schultern von Riesen“. Sind Sie da als Tubist der Riese?

Grän: (lacht) So kann man den Titel natürlich auch deuten. Wir sind momentan vier Tubisten und tragen sinnbildlich den Klang des Orchesters auf unseren Schultern. Einverstanden!

Aber nicht der Wahrheit entsprechend.

Grän: Nein. Wir hatten Folgendes im Sinn: „On the Shoulders of Giants“ ist ein Werk des Komponisten Peter Graham. Wir spielen es im ersten Konzertteil, der von unserem künstlerischen Leiter Miguel Ercolino dirigiert wird. Das Stück ist eine Hommage an große Komponisten und Blechbläser: Anton Bruckner, die Blechsektion des Chicago Symphony Orchestra, Miles Davis und andere. Der Komponist zeigt dabei in der musikalischen Auseinandersetzung mit diesen Vorbildern viele Facetten des sinfonischen Blasorchesters.

Keine eigenen Riesen? Schade.

Grän: Doch, in Analogie dazu würdigen wir „unsere“ Riesen und denken dabei zunächst an unsere langjährigen Dirigenten: Stefan Fritzen ist die Uraufführung von Rolf Rudin gewidmet. Markus Theinert, frisch ernannter Ehrendirigent der Mannheimer Bläserphilharmonie, wird einen Teil des Konzerts dirigieren. Wir freuen uns riesig auf das Wiedersehen. Monumental wird es am Ende, wenn insgesamt 150 aktuelle und ehemalige Mitglieder der Bläserphilharmonie für ein Mammut-Orchester auf der Bühne stehen. Mit dabei auch zwei Basssaxofone, falls wider Erwarten die Tubistenschultern nicht ausreichen sollten.

Wie blicken Sie auf die nächsten 20 Jahre? Blasen Sie selbst 2045 noch in die Tuba?

Grän: Direkt nach dem Konzertwochenende steht eine Wettbewerbsteilnahme in der Categoria Eccellenca beim internationalen Blasorchesterwettbewerb im italienischen Riva del Garda an. Für das kommende Jahr planen wir mit der Bläserphilharmonie eine Uraufführung einer Sinfonie des spanischen Komponisten Ferrer Ferran. Ideen für eine Konzertreise in den kommenden Jahren gibt es ebenfalls. Ich wünsche mir für unser Orchester viele weitere außergewöhnliche musikalische Erlebnisse, dass uns die Tiefe der musikalischen Arbeit erhalten bleibt und dass weiterhin viele Mannheimer unsere Konzerte im Rosengarten besuchen. 2045 läge dann mein 50-jähriges Jubiläum im Orchester schon hinter mir – klar, da bin ich noch dabei!

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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