Mannheim. Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass unser Kanzler, dem man gutes Englisch attestiert, häufig die Floskel „to be honest“ verwendet? Klingt vertrauenserweckend, glaubwürdig, authentisch. Ist aber nur eine rhetorische Floskel wie das deutsche „ehrlich gesagt“, „eigentlich“. Ähnlich dem englischen „actually“. Dessen deutsches Pendant „tatsächlich“ seit geraumer Zeit gebraucht wird, wo man es nicht wirklich braucht. Zunächst hat es mich im Kontext irritiert, später wegen penetranter Häufigkeit genervt. Tatsächlich benutze ich es mittlerweile selbst. Worüber ich echt erschrocken bin. Ja, so funktioniert Sprachwandel. Was mich bei synchronisierten Filmen auch immer wieder stört, ist die Floskel „Und was ist mit Ihnen?“, „How about you?“. Im Original als Aufforderung gemeint, etwas über sich zu erzählen, wird es im Deutschen mit der Betonung auf „Ihnen“ so gar nicht verwendet. „Und Sie? Erzählen sie mal!“ würde man eher formulieren. Diese in Dutzenden Filmdialogen vorkommende Frage ist an sich nur mit der Betonung auf „ist“ gebräuchlich, dann aber in Sorge über den gesundheitlichen Zustand des Gegenübers. Auch das anglizistisch anmutende „Es tut mir leid“ hört man bei uns weder so inflationär häufig noch so unverbindlich. Ein längeres „Das tut mir leid für Sie“ stellt den persönlichen Bezug her, ist für die Synchronisation aber wohl zu lang. Das verkürzte „Tut mir leid“ folgt im Deutschen etwa als Verneinung auf die Frage „Haben Sie das auch in Größe 44?“ Als verabschiedende Bemerkung ähnelt es der freundlicheren Floskel „Schöner Tag“. Die ja leider grammatikalisch falsch ist. Tut mir leid. Schönen Tag!
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/kultur_artikel,-regionale-kultur-floskelei-_arid,2326091.html