Zeitzeichen Dumm und dümmer: Weimer kontra Chefket

Unser Kolumnist findet es keine gute Idee, heutzutage israelkritische T-Shirts zu tragen wie der Rapper Chefket. Ihn deshalb unreflektiert als Antisemiten zu brandmarken wie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer ist nicht besser.

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Jörg-Peter Klotz
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Eigentlich ist es nicht so schwer: Man kann das Wüten der israelischen Armee im Gaza-Streifen grauenhaft finden und verurteilen – und im selben Atemzug das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023, das diesen Krieg ausgelöst hat. Im atemlosen, unterkomplexen Social-Media-Zeitalter ist allerdings gar nichts mehr leicht.

Und so ist es eine ausgesprochen dumme Idee, wenn der Heidenheimer Rapper Chefket (Bild) auf Instagram ein T-Shirt mit einem Motiv trägt, dass man so interpretieren kann, dass es das Existenzrecht Israels infrage stellt. Es wird nicht besser, wenn man danach einen Auftritt bei Jahn Böhmermanns viel beachtetem Festival zum zweiten Jahrestags des Hamas-Terrorangriffs im Berliner Haus der Kulturen der Welt vor der Brust hat.

So etwas wird dann befeuert von rechtslastigen Portalen, heute schnell zum Skandal. Dass Bundeskulturstaatsminister Wolfram Weimer dabei gleich das Gewicht der Bundesregierung in die Waagschale wirft, um diesen Auftritt zu verhindern, mag mit dem Taumeln seiner Vorgängerin Claudia Roth von einer Antisemitismus-Falle zur nächsten zu tun haben. Allerdings darf auch ein Minister gern genauer hinschauen: Chefket ist kein Teil des Antisemitismus-Problems, das es vor allem im migrantisch geprägten Deutsch-Rap durchaus gibt. Im Gegenteil: Seine Texte sind so explizit humanistisch, dass er schon im Auftrag des Goethe-Instituts die Republik vertreten hat. Diesen Musiker öffentlichkeitswirksam als Antisemiten zu brandmarken, könnte man glatt justiziabel finden – oder trumpistisch. Immerhin hat Böhmermann das einzig Richtige getan und das Festival abgesagt. Das Datum 7. Oktober ist kompliziert genug.

Ressortleitung Stv. Kulturchef