Kunsthalle

Drollige Installation in der Kunsthalle Mannheim: Vom Südpol ins Museum

Sie dürften beim Publikum sehr beliebt werden: Kleine Kunststoffpinguine bilden die Installation „The Birds“, die jetzt in der Kunsthalle Mannheim zu sehen ist.

Von 
Thomas Groß
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Haben die sich etwa verlaufen? Woher denn, in der Kunsthalle Mannheim sind „The Birds" durchaus am richtigen Platz. © Benedikte Bjerre/Kunsthalle Koch

Mannheim. Nein, wir sind hier nicht in der Antarktis, auch nicht in einem Zoo. Die durchaus zahlreichen putzigen Tierchen stehen im Obergeschoss des Kunsthallen-Neubaus am Mannheimer Friedrichsplatz, der übrigens warm temperiert ist. Aber die kleinen Pinguine mit den freundlichen Gesichtern fühlen sich hier trotzdem wohl. Warum sonst sollten sie sich so drollig bewegen, wippen, watscheln und zu immer wieder neuen Formationen gruppieren?

Die Bewegungen sind übrigens Reaktionen, aber nicht eigentlich Fluchtreaktionen, die von den Museumsbesuchern ausgelöst würden. Auch geringer Luftzug führt schon zu Veränderungen in der Gruppe, denn die etwa 30 Zentimeter hohen (Baby-) Pinguine sind aus Ballonstoff und mit Helium gefüllt, insofern also sehr sensibel, verletzlich und eben rege.

Die flexible Installation mit dem Titel „The Birds“ ist ein Werk der dänischen Künstlerin Benedikte Bjerre, das die Kunsthalle im Rahmen ihrer Reihe „Fokus Sammlung“ zeigt. Indem sie von fertig produzierten Ballons ausgeht, greift die 1987 geborene Künstlerin auf die Idee des Readymade von Marcel Duchamp zurück: Etwas Vorgefertigtes, Alltägliches wird in einen neuen (Kunst-) Kontext versetzt und so eben zu Kunst erklärt. Das Vertraute wird nun anders wahrgenommen – und stellt neue Fragen, zu Kunst, über die Welt der Dinge und unser Verhältnis dazu.

Bei der Installation in der Kunsthalle Mannheim schwingen auch ökologische Fragen mit

Duchamp griff auf einen Flaschenständer, ein Urinal oder auch ein Fahrrad-Rad zurück, Bjerre ist da nicht weniger konkret, aber zeitgemäßer, indem ihre Produkte aus allgegenwärtigem Kunststoff sind. Auch Bjerre geht es um den Warencharakter der Dinge, um Produktion, Reproduktion und den Produktkreislauf. So schwingen auch ökologische Fragen in ihrer (Kunststoff-) Arbeit mit, und was noch besonders die „Birds“ angeht, so kann man natürlich auch ans wankende Klima unserer Erde denken: Wenn das Polareis schmilzt und es auch am Südpol immer wärmer wird, können, vielleicht sogar müssen seine Bewohner anderswo ihr Glück versuchen – zum Beispiel in der Mannheimer Kunsthalle, wo sie, die kleinwüchsigen, possierlichen Wesen, auch für einen niederschwelligen Kunstzugang einzustehen vermögen.

Dass die Kleinen dort willkommen sind, zeigen die vergnügten Gesichter von Menschen, die sie betrachten. Und was sonst im Museum verboten ist, das ist hier erlaubt: Man darf nah herantreten, sie mit einem Luftzug beim Vorüberlaufen in Bewegung setzen oder auch anfassen und anders im Raum platzieren. Und dies noch nebenbei: Wenn man sich im Museum an den Pinguinen satt gesehen hat, sollte man unbedingt noch im Altbau in der Grafiksammlung vorbeischauen. Der dort präsentierte Österreicher Constantin Luser steht für eine Kunst, die filigraner, detailverliebter und auch fantastischer ist als diejenige von Benedikte Bjerre - aber kurios ist auch sie und zaubert einem ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht.

Infos und Öffnungszeiten: www.kuma.art

Redaktion Kulturredakteur, zuständig für Literatur, Kunst und Film.

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