Albumkritik

Die Feisten verewigen „Familienfest“ mit Flair aus dem Mannheimer Capitol

Der Mannheimer Rainer Schacht veröffentlicht mit seinem Musik-Comedy-Duo hörenswertes Live-Album

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Rainer und Kirsten Schacht mit dem neuen Album des Duos Die Feisten.Bild: Jörg-Peter Klotz © Jörg-Peter Klotz

Wie der Titel „Familienfest“ schon sagt: Auftritte mit dem Musik-Comedy-Duo Die Feisten sind für den Wahl-Mannheimer Rainer Schacht zumindest echte Heimspiele. Das hört man auch ihrem frisch veröffentlichten Album „Familienfest live“ an: Gut die Hälfte der 13 Live-Aufnahmen entstanden bei den stets ausverkauften Auftritten im Capitol, wie der 61-Jährige im Gespräch mit dieser Redaktion erklärt. Treffpunkt ist das neu eingerichtete Büro der Künstleragentur Schacht auf dem Lindenhof, in dem Managerin und Ehefrau Kirsten Schacht pro Jahr 400 Auftritte koordiniert – nicht nur für die Feisten, sondern auch im Auftritt der Schlagzeugmafia um Ex-Söhne-Mannheims Drummer Jonny König und von Kabarettist Django Asül.

„Das Mannheimer Publikum hat uns offensichtlich besonders inspiriert“, sagt der Multiinstrumentalist und Sänger lächelnd. Tatsächlich habe ihr Tontechniker seit den Vorpremieren des aktuellen Programms im November 2023 mehr als 30 Shows mitgeschnitten. Und Schacht macht keinen Hehl daraus, dass er und sein kongenialer Lead-Sänger Mathias „C.“ Zeh absolute Perfektionisten sind, was Sound und Performance angeht. Auf unabhängig voneinander erstellten Listen seien die Aufnahmen aus dem Capitol oft die Besten gewesen.

Alles akustisch, mit einem ganzen Arsenal von Saiten- und Percussion-Instrumenten inszeniert

Die Fans wissen, dass Sound-mäßig sehr viel passieren kann: spanische Gitarrenklänge, lateinamerikanische Rhythmen, unverschämt eingängige Pop-Melodien. Alles akustisch, mit einem ganzen Arsenal von Saiten- und Percussion-Instrumenten inszeniert. Neuerdings spielt „C.“ auch mal Gitarre. Trotz ihrem Hang zum Perfektionismus haben Die Feisten das Konzept Studioalbum nach „Radio Uwe & Claus“ (2021) erstmal ad acta gelegt. Gut so, denn tatsächlich kommt der ausdifferenzierte Klang des Duos im organisch-authentischen Live-Sound noch wesentlich besser zur Geltung. Inklusive der quietschvergnügten Publikumsreaktionen.

„Familienfest live“ ist nicht nur digital erschienen, sondern auch auf CD und auch als sehr transparent klingende Vinyl-Pressung. Schacht glaubt wieder an physische Tonträger: „Das haben die Zahlen unseres Vertriebs schon vor der Veröffentlichung gezeigt. Außerdem sind die Platten für die Konzertbesucherinnen und -besucher ein beliebtes Souvenir.“ Nach Konzerten stiegen auch die Absatzzahlen in den Läden rund um die Auftrittsorte, berichtet der gebürtige Niedersachse, der 2014 der Liebe wegen nach Mannheim zog.

Vesonderes Merkmal: hochdosierte Selbstironie

Inhaltlich liefern Die Feisten wieder feinste Alltags-Comedy. Besonderes Merkmal: Selbstironie in hohen Dosen. Das beginnt schon im ersten Song „Mitgenommen“, das die Qualen eines unfreiwillig mitgeschleppten Besuchers bei und nach einem Feisten-Konzert durchdekliniert. Auch „Familienfest“ schildert weniger gefeierte Harmonie, sondern klingt eher nach Dogma-Filmkomödie. „Ich und mein Körper“ nennt Schacht treffend „unsere Zerfallsballade“. Etwas weniger schonungslos wird in „Tage“ mit den Eigenheiten der weiblichen Körperchemie umgegangen.

Multiinstrumentalist Rainer Schacht (links) und Leadsänger Mathias Zeh. © Harald Hoffmann

Erstaunlich kenntnisreich tauchen „Der Bätschela“ und das unverschämt eingängige „Verkaufskanäle“ in die Untiefen des Trash-Fernsehens ein. Ähnlich hitverdächtig und hinreißend witzig ist Andrea, das den ersten gemeinsamen Einkauf bei Ikea als Stiftung Warentest für frisch geschlossene Beziehungen ausmacht: „Das erste Mal mit Andrea als Pärchen bei „Ikea“ .../ Andrea hat eine klare Vision: Sie möchte lückenlose Dekoration! / Duftkerzen, Lichterketten, Schalen und Vasen, / Sie schreckt nicht mal zurück vor Porzellan-Osterhasen ... / Ich stehe eher auf den puristischen Stil / in meiner Wohnung ist nicht viel.“ Man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass das Lied kein Happy End hat. Und den Refrain wird man so schnell nicht wieder los.

Spiel mit Klischees, ohne Peinlichkeiten

Aber selbst wenn Die Feisten Mario-Barth-verdächtige Mann-Frau-Klischees ausweiden wie in „Beifahrer“, wird es nicht platt. Ein ungetrübtes Hörvergnügen, die kompletten 51 Minuten lang. Dafür sorgt neben dem musikalischen Anspruch die Art und Weise, wie Mathias Zeh fast jedes Wort zelebriert – fein artikuliert wie ein Schauspieler. Und in vielerlei Hinsicht hoch im Ton. Das bewahrte auch Hits wie „Du willst immer nur ficken“ aus der Zeit des Vorgänger-Trios Ganz Schön Feist (1989-2012) davor, vulgär zu klingen. Aus dieser Phase hat es nur „Junge, Junge“ auf das neue Album geschafft, aber in einem völlig neuen Arrangement.

Live kann man Rainer Schacht und „C.“ wieder am 28. und 29. November im Mannheimer Capitol erleben. Am Freitag spielen Sie das „Familienfest“, am Samstag ihr Best-of-Programm „“Das Feinste der Feisten“. Karten gibt es unter 0621-40171420 oder eventim.de (35,30 oder 38,60 Euro plus Gebühren). Zum Vormerken, aber noch nicht im Vorverkauf: das neue Programm „Moskito“ am 26. und 27. November 2026.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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