Neues Jazz-Album

„Carry Me Home“: Tim Pfau und Matthias Dörsam grooven elegant und feinsinnig

Das neue Album „Carry Me Home“ von Tim Pfau und Matthias Dörsam bietet virtuosen Fusion-Jazz aus Ludwigshafen und Fürth im Odenwald.

Von 
Georg Spindler
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Virtuos auf vielen Blasinstrumenten: Matthias Dörsam. © Manfred Rinderspacher

Das Wichtigste in Kürze

- Tim Pfau und Matthias Dörsam veröffentlichen ein neues Jazz-Album.

- Sie begeistern mit virtuoser Mehrspurtechnik und vielfältigem Instrumenteneinsatz.

- Das Album überzeugt mit eleganten Improvisationen und emotionalen Balladen.

Ludwigshafen. Nein, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Auch nicht bei Mainstream-Jazz, der auf Wohlklang setzt, gute Laune verbreitet und sich in sonnigem Fusion-Sound aalt. Denn wenn all dies mit derart überbordender Spielfreude, verblüffendem Einfallsreichtum und stupender Musikalität präsentiert wird wie auf „Carry Me Home“, dem aktuellen Album von Tim Pfau und Matthias Dörsam, spielt persönliches Stilempfinden keine Rolle. Was die beiden Musiker aus Ludwigshafen respektive Fürth im Odenwald präsentieren, ist von höchster Güte.

Virtuos auf einer Vielzahl von Instrumenten

Die zwei haben ihre ganze Professionalität bei der Produktion in die Waagschale geworfen. Meisterhaft im Umgang mit Mehrspurtechnik und Overdubs, präsentieren sie eine geradezu verschwenderische Klangfarbenvielfalt. Beide brillieren als Multiinstrumentalisten: Pfau, der alle Stücke komponiert hat, ist von Hause aus ein ausgewiesener Gitarren-Virtuose, bedient aber auch Bass, Orgel, E-Piano und zeichnet für die Schlagzeug-Programmierung am Computer verantwortlich. Dörsam, als Saxofonist, Flötist und Klarinettist bundesweit geschätzt, hat sämtliche Bläser-Parts bis hin zu Bigband-artiger Opulenz aufgenommen und arrangiert. Was in besonderem Maß besticht, ist beider Fähigkeit, große solistische Qualität auf kleinstem Raum in wenige Takte zu packen. Denn sämtliche Titel bewegen sich, straff arrangiert, im Vier- bis Fünf-Minuten-Limit.

Dass es ihnen gelingt, die knappen solistischen Statements mit emotionalem Gehalt zu füllen, zeigt die Klasse der zwei, die im Duo nur als Studioprojekt aktiv sind. Auf „More Than I Can Expect“ etwa beschwört Dörsam am Tenorsaxofon mit sinnlichem Hauchen und viel Vibrato jene schwelgerische Balladen-Tradition, die zurückreicht bis in die Swing-Ära. An der akustischen Gitarre setzt Pfau dazu bedächtig die Töne, erzählt seine lyrische Geschichte mit wunderbar abwägenden Phrasen.

Die Improvisationen stecken voller Eleganz

Das Gros der Stücke bewegt sich auf dem Terrain des kultivierten Fusion-Jazz im Stil von Gitarristen wie Larry Carlton oder Earl Klugh. Das heißt: Statt sportiver Temposprints gibt es seelenvolle Funk- und Soul-Anklänge mit geschmeidigen Grooves. Eine wichtige Rolle spielt improvisatorische Eleganz: So wie auf dem entspannt dahin fließenden „Thoughts Of Yesterday“, wo die Gitarre wendig durch die Harmonien kurvt wie ein Coupé auf einer Küstenstraße. Außerdem besitzt Pfau ein hoch entwickeltes Gespür für spannungsreiches Ausloten von Akkorden und für fein ziselierte Phrasierungen voller subtiler Tonbeugungen und -dehnungen.

Dörsams Stärke ist seine große Versiertheit: In fliegendem Wechsel wirbelt er zwischen all seinen Hörnern hin und her. Das Tenorsax klingt mal scharf und schnittig, dann wieder weich und beweglich, das Sopran bläst er mit rarem Sinn für Klangschönheit, die Flöte spielt er in klassischer Diktion, auf „Did You See The Light“ dagegen entlockt er ihr expressive Vokalisierungen. Das schönste Stück gibt es zum Abschluss: „Talking To Your Soul Again“, eine vor Intensität glühende Ballade, die der Saxofonist betörend intoniert, während die Gitarre mit Django-Reinhard-Anklängen für Gypsy-Flair sorgt. Geschmackvoll.

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