Tanz

„Bodies in Rebellion“ von Zufit Simon im Mannheimer Eintanzhaus

In Mannheim zeigt Zufit Simon das Stück „Bodies in Rebellion“ im Eintanzhaus, das trotz globaler Krisen mit Monotonie überrascht.

Von 
Christel Heybrock
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Dorota Michalak in „Bodies in Rebellion“. © Dieter Hartwig

Mannheim. Vor einem Jahr war die preisgekrönte deutsch-israelische Choreografin Zufit Simon schon einmal in Mannheim mit „Radical Cheerleading“. Nun an zwei Abenden das im Herbst in Berlin uraufgeführte Stück „Bodies in Rebellion“, ein Vierpersonenstück mit (am ersten Abend) Dorota Michalak, Sunayana Shetty, Emil Ertl und Zufit Simon.

Vielleicht hat sich im vergangenen halben Jahr die globale Situation so dramatisch verändert, dass man die Produktion nicht wirklich mehr als zeitgemäß empfindet. Während Kriege und Bedrohungen weltweit zunehmen und ein Machthaber in den USA Demokratie und Wissenschaften zum Teufel schickt, hätte man sich gern von einem getanzten Aufbegehren Mut machen lassen.

Das Alphabet der Körperposen in ausgedehnten Variationen

Aber das knapp einstündige Stück vermittelt über weite Strecken Monotonie und eine eher banale Körpersprache, freilich bewusst als künstlerisches Mittel. Es beginnt mit dem Abc der Körperposen – Dorota Michalak betritt das von Zuschauersitzen und in der Höhe von Neonbeleuchtung gerahmte Bodenquadrat und führt vor, was der menschliche Körper so macht – Stehen, Sitzen mit angezogenen Knien, auf dem Bauch liegen und die Zehen hochstellen, Arme verschränken, wieder Stehen, im Sitzen zur Seite kippen … Nach einer Weile tritt Emil Ertl hinzu und macht mit, dann kommen Sunayana Shetty und Zufit Simon hinzu und machen auch mit. Aus feinsten Nuancen ergeben sich allmählich Veränderungen, da werden Hände gekreuzt, hinterm Rücken, vorn, sie werden erhoben, und man assoziiert gebundene Hände von Gefangenen, und siehe da, sobald man die gekreuzten Hände überm Kopf hält und einen Arm runterlässt, steht man da mit erhobener Faust.

Eine Aussage, die nicht weiter entwickelt wird, dafür gibt es schöne Gruppierungsvarianten der vier, die sich mal als Kolonne, mal versetzt hintereinander formieren und die Situation entwickeln, dass einer mal schlapp macht und von den anderen getragen werden muss. Aber auch Solidarität bleibt bei aller Präzision der Darbietung keine Grundaussage, doch ergibt sich in der Mitte des Stücks eine beeindruckende Steigerung.

Mittendrin bricht akustisch der Terror des Krieges aus

Aus einem Sekunden-Poch-Rhythmus ergeben sich immer bedrohlichere Kriegsgeräusche, Geschützsalven, Sirenen, Martinshörner, von der Decke sinkt der Inhalt der Nebelmaschine herunter, die vier haben sich in der Raummitte mit den Rücken aneinander gesetzt und stellen die tödliche Akustik teilweise selber her.

Und wie nach jedem Krieg geht es weiter, mit nicht endendem Fußrhythmus bilden die Tanzenden tatsächlich Selbstbewusstsein und Widerstand – aber Rebellion? Eine Formation bringt sie im Kreistanz zusammen, der sich wieder löst, eine stampfende Kolonne entsteht, Schreie, sie skandieren „we“. „We are here“, dazwischen leise ein „stay“. Und zum Schluss der laute Ruf „Power“. Und der wird immer leiser. Es wird dunkel. Und das Stück ist aus. Zögernd freundlicher Beifall. In der Realität werden derweil für sicher gehaltene Werte attackiert, in den USA gerät gar Wikipedia unter Druck. Und nach Osten mag man gar nicht schauen.

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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