Fotografie

Ausstellung in Ludwigshafen zeigt bislang unveröffentlichte Bilder von Ernst Bloch

„Im Seminar mit Bloch“ heißt die aktuelle Ausstellung im Ernst-Bloch-Zentrum in Ludwigshafen, in der bislang unveröffentlichte Aufnahmen des Philosophen zu sehen sind.

Von 
Helmut Orpel
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Bei der Ausstellungseröffnung im Ernst-Bloch-Zentrum: Fotograf Hektor Leibundgut (l.) und Gert Ueding. © Helmut Orpel

Ludwigshafen. Ernst Bloch (1885–1977) wirkte nicht nur durch seine Schriften, sondern vor allem auch durch seine Ausstrahlung. Seine bildhafte Art des Philosophierens gehörte zu den spezifischen Charaktereigenschaften, die den jungen Menschen in der damaligen Welt des akademischen Umbruchs einen Halt gab. In den sechziger Jahren pilgerten Kohorten philosophiebegeisterter Studierender nach Tübingen, um den Philosophen an seiner Wirkungsstätte zu erleben – meist als Gaststudenten oder -studentinnen, denn ins Hauptseminar kam nur ein kleiner, ausgewählter Kreis, der dann auch intensiv betreut wurde.

Zu diesem Kreis gehörte Gert Ueding. Er wurde 1942 in Schlesien geboren und wuchs im Rheinland auf. Sein Philosophiestudium begann er in Köln, wechselte aber bald zu Bloch nach Tübingen.1968 war er bei dem berühmten Lehrer Assistent und ab 1988 der Nachfolger von Walter Jens im Fachbereich Rhetorik.

Offen für das Noch-Nicht-Seiende

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Ueding unter dem Titel „Wo noch niemand war“ seine Erinnerungen an den Lehrer und Menschen Ernst Bloch. Aus diesem Buch las er einige Kapitel: Der Anlass für diese Lesung war die Eröffnung der Fotoausstellung „Im Seminar mit Bloch“.

Der Fotograf der dort zu sehenden Bilder, den Matthias Mayer, der Leiter des Bloch-Archivs, an diesem Abend ebenfalls begrüßen konnte, stammt aus Bern: Hektor Leibundgut. Er war in den entscheidenden Jahren ebenfalls Student in Tübingen und gehörte wie Ueding zum engeren Kreis.

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Mayer sieht in diesen Fotos einzigartige Dokumente, mit denen genau der Aspekt der Lehre ins Bild gesetzt wurde, von dem auch Ueding in seinem Buch erzählt. Bei den Seminaren saß Bloch als einer der ihren unter den (zum allergrößten Teil männlichen) Studierenden und diskutierte mit. Dieses Gespräch auf Augenhöhe sei für ihn typisch gewesen und unterstrich sein offenes, stets dem Werden, dem Noch-Nicht-Seienden zugewandten Denken. Dabei wurde ordentlich geraucht. Nicht nur der passionierte Pfeifenraucher Bloch verqualmte dabei die Bude, seine Studierenden taten es ihm nach, wie man in den Bildern Leibundguts recht gut erkennen kann.

Ernst Blochs bewegte Lebensreise und Vermächtnis

Anders als bei den Seminaren verhielt es sich bei den Vorlesungen, die regelmäßig freitagnachmittags stattfanden. Zu diesem Termin, so Uedings realistische Einschätzung, würde man heute wohl kaum mehr Hörer haben. Damals hingegen waren Blochs Vorlesungen überfüllt.

Im Seminar mit Bloch

Zu sehen bis Juni 2025 im Ernst-Bloch-Zentrum, Walzmühlstraße 63, Ludwigshafen.

Eintritt: 4 Euro, ermäßigt 2 Euro.

www.bloch.de

Als Bloch in Tübingen wirkte, war er schon über siebzig Jahre alt. Aufgrund seiner jüdischen Familie und wegen seiner antifaschistischen Einstellung war er nach Hitlers Machtergreifung zunächst nach Prag und dann von dort in die USA emigriert. Die Jahre nach dem Krieg verbrachte er zunächst in der DDR. Dort genoss er hohes Ansehen. Sein Damaskuserlebnis kam mit dem Aufstand in Ungarn im Jahr1956, der durch sowjetische Truppen brutal niedergeschlagen wurde. Die danach einsetzende Verfolgung traf nicht nur die Intellektuellen Ungarns, sondern die des gesamten Ostblocks.

Musikalisch umrahmt wurde die Ausstellungseröffnung von Olaf Schönborn (Saxofon) und Daniel Prandl (Klavier).

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