Kunstfest Weimar - Der künftige Mannheimer Schauspieldirektor Christian Holtzhauer präsentiert das Tanztheaterstück "Horses" der belgischen Gruppe kabinett k

Zerbrechlichkeit im Zusammenspiel

Von 
Ute Grundmann
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Groß hilft Klein (v.l.): Szene aus der Choreographie "Horses".

© van der Elst

Weimar. Fünf Kinder umarmen sich an den Schultern zu einem verschworenen Kreis, wie Fußballer vor dem entscheidenden Spiel. Dann kommen drei Erwachsene und reißen den Kreis auseinander, doch die Kinder schließen sich schnell wieder zusammen. Solch eindringliche Tanz-Szenen zeigte die Gruppe kabinet k aus dem belgischen Gent beim Kunstfest Weimar. Das hatte am Wochenende mit dem umjubelten Eröffnungsspektakel "TRANSITion" auf dem Marktplatz begonnen.

Für den künstlerischen Leiter Christian Holtzhauer ist es das vorletzte Kunstfest, ehe er in der Spielzeit 2018/19 als Schauspielintendant ans Nationaltheater Mannheim wechselt. Auch in diesem Jahr bietet das Kunstfest die spannende Mischung aus Musik, Theater, Tanz, Diskussionen und Stadtgängen; und eben auch dieses "Tanzstück für die ganze Familie" aus Belgien.

Kinder spielen mit Erwachsenen

Als kabinet k machen Joke Laureyns und Kwint Manshoven seit 2002 generationsübergreifende Theater- und Tanzstücke. Nun also, als Deutsche Erstaufführung, "Horses" - die Frage, ob der Reiter runterfällt oder nicht, ob es zwischen Reiter und Pferd Vertrauen gibt oder nicht, übertragen auf das Verhältnis von Kleinen und Großen, Kindern und Erwachsenen.

Die Bühne (Kwint Manshoven, Dirk De Hooghe) im ewerk, einer ehemaligen Maschinenhalle, ist karg: eine schwarze, wie von Kreide getüpfelte, Rückwand, zwei säuberliche Backstein-Stapel. Mit diesen Steinen werden vier Kinder das fünfte langsam bis über dem Kopf einmauern - als Schutz, als Verlies?

Szenen voller Poesie

Doch in den knapp 60 Minuten dominieren die fließenden Bewegungen, mit dem Vokabular des modernen Tanztheaters. Da drücken, ziehen, rangeln, zupfen die Akteure paarweise; ein Mann kreiselt mit je einem Kind an der Hand. Ein Mann hebt ein Kind von seiner Schulter auf die eines Kindes - eine Frage des Vertrauens, des sich aufeinander Verlassens.

Begleitet werden die kurzen, ineinanderfließenden Szenen von Bertel Schollaert (Saxofon) und Thomas Devos (Gitarre) mit erst dunkel-melancholischen, dann immer treibenderen Klängen. Es gibt leise Szenen des Suchens: Zwei Mädchen tasten erkundend ihre Gesichter ab. Manchmal toben die Akteure in bunten Shirts, Hosen, Shorts nur über die Bühne.

Dann gibt es auch bedrohlich Wirkendes zu sehen: Ein Mann säubert einem Mädchen die Füße, drückt diese gegen seine Stirn, hebt das Kind hoch, und man weiß nicht, wiegt oder wehrt es sich, bis es ihn wegschubst.

Da schweigt auch die Musik; doch es überwiegt das Heitere, das fröhliche Ausprobieren zwischen Macht und Spiel, mit akrobatischen Aktionen oder Flieger-Figuren (die Kinder als Windmühlenflügel) das Kräftemessen zwischen Groß und Klein. Am Ende versammeln sich alle in einem großen Steine-Kreis, den sie selbst gelegt haben. Großer Jubel im ewerk für die Gäste aus Belgien.

Freie Autorin

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