Ausstellung

Welt aus Wörtern von Mareike Mohr im Institut für deutsche Sprache in Mannheim

Die Macht der Sprache: Mareike Mohr stellt derzeit ihre Kunst im Institut für deutsche Sprache in der Mannheimer Innenstadt aus. Wie wichtig Sprache ist, zeigt sie mit ihren Werken

Von 
Helmut Orpel
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Mareike Mohr wuchs in Brandenburg in der DDR auf. © Helmut Orpel

Mannheim. „Wörterwelten“ lautet der vielsagende Titel einer Ausstellung, die zurzeit im Leibniz Institut für deutsche Sprache (IDS) zu sehen ist. In dem ehrwürdigen Gebäude wird normalerweise die deutsche Sprache in all ihren Entwicklungen und Verästelungen wissenschaftlich erforscht. Hier wirken die druckgraphischen Arbeiten, Zeichnungen und Objekte der im Markgräfler Land lebenden Künstlerin Mareike Mohr wie sinnliche Pendants zu den Publikationen des Institutes.

Denn auch bei ihr geht es um den Sinn der Worte und um ihre Wirkung auf die Menschen. Worte erschließen Welten, lautet das Credo der Künstlerin. Sie können der Ausdruck der kulturellen Identität sein, des Zeitgeistes, des Machtanspruchs oder der gesellschaftlichen Vernunft. Worte können aber auch Mittel der Manipulation und des Herrschaftsanspruchs sein.

Worte als Instrument der Unterdrückung

Letzteres stellt eine Verbindung zur Biografie von Mareike Mohr her, denn sie ist in Brandenburg aufgewachsen und zu ihrer Jugendzeit war dieser Landstrich noch ein Teil der DDR. „Parolen hingen dort überall“, erzählte sie. „Damit wurde ein bestimmter Zweck verfolgt, nämlich den Menschen ein Bild von Wirklichkeit vorzuspiegeln, an die sie glauben sollten.“ Diese Erkenntnis inspirierte sie, sich dem Thema „Wort“ auch in ihrer künstlerischen Ausbildung im Fachbereich Bildhauerei an der Edith Mayron Kunstschule in Freiburg zu widmen. Ihr Abschluss im Jahr 2020 fiel genau in die Pandemiezeit, wo wieder Wörter eine gewichtige Rolle spielten bei der Frage, wie Menschen ihr Leben zu führen haben. An diesem Punkt gibt es, wie die Ausstellungskuratorin Pamela Pachl ausführte, einen Schnittpunkt mit der Forschung am Institut, denn dieses beschäftigte sich zur gleichen Zeit mit den Neologismen in der Coronazeit. Insgesamt 2000 wurden lexikalisiert und so vor dem Vergessen bewahrt. Wer erinnert sich heute noch an Begriffe wie Geisterspiel, Verweilverbot oder Falsch Positiv?

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Auf Mohrs Linolschnitten erscheinen diese Angst einflößenden Vokabeln mit verschiedenen Farbübergängen unterlegt, die den Eindruck des Wortes verstärken sollen. „Farbe“, so die Künstlerin, „ist für mich Emotion.“ Wie stark dieser jeweilige emotionale Eindruck wirkt, ist für die Künstlerin messbar. In Gestalt ihres eigenen Elektrokardiogramms hat sie zu jedem dieser Worte die jeweilige Wirkungsmacht dokumentiert. Ein weiterer Werkkomplex (insgesamt sind es vier) beschäftigt sich mit einer Auswahl von Wörtern, die kennzeichnend für einen jeweils spezifischen Kulturkreis sind. So gibt es im Japanischen ein einzelnes Wort, das für das Phänomen „Tod durch Überarbeitung“ benutzt werden kann und im Griechischen ein Wort für „Freude an dem, was man tut“.

Umgekehrt ist es unmöglich, das deutsche Wort „Schadenfreude“ mit einem einzigen Wort in einer fremden Sprache wiederzugeben. Die Ausstellung ist noch bis zum 31. März 2025 im IDS zu sehen.

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