Nibelungenfestspiele - Intendant Nico Hofmann und Thomas Laue geben in Worms Einblicke in „hildensaga. ein königinnendrama“

Vor dem Wormser Dom ensteht ein riesiger Pool

Von 
Ralf-Carl Langhals
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Nico Hofmann (links) und ein Großteil der diesjährigen „Nibelungenhorde“ bei der Programmvorstellung auf der Bühne des Wormsers. © Bernward Bertram

Eine mit großer Spannung geballte Faust, durch die ein Bündel roter Fäden läuft, im Vordergrund, dahinter stehen - Rücken an Rücken - zwei entschlossen dreinblickende, gekrönte Frauen. Ein starkes und sprechendes Bild, das im Mozartsaal des Wormser die ganze Bühnenbreite füllt und von 15. bis 31. Juli sogar vor den Ausmaßen des Wormser Kaiserdoms nicht zurückschrecken wird.

Hier, wo die Wormser Nibelungenfestspiele ihr Programm, vor allem aber das „Spiel vor dem Dom“ vorstellen, passt die Faust aufs Auge des Zuschauers, liegt das Augenmerk im 20. Festivaljahr doch auf starken Frauen. Mit Kriemhild (Gina Haller) und Brünhild (Genija Rykova) steht für den Festspielsommer ziemlich buchstäblich die „hildensaga. ein königinnendrama“ auf dem Programm, das Ferdinand Schmalz um sie und den alten Nibelungenstoff gedichtet hat - und das nun im Juli coronaverzögert endlich zur Uraufführung kommen darf.

20 Jahre Spiel am Dom

Darüber freuen sich nicht nur der Wormser Oberbürgermeister Adolf Kessel und Kulturstaatssekretär Jürgen Hardeck, sondern vor allem auch das Nibelungenteam, das Nico Hofmann gerade in Pandemie-Zeiten als „gelebten Solidaritätspakt zwischen Stadt, Land, Bürgerschaft und Künstlern“ versteht. Jetzt, wo das eigentlich für 2020 vorgesehen Stück zwei Jahre gelegen habe, sei man um so erstaunter, „die ganze Weltbefindlichkeit, nichts Geringeres als ,Krieg und Frieden’ darin zu finden.“ Geschäftsführer Sascha Kaiser lobt Wirtschaftskraft und positive Stimmung unter Sponsoren und Freundeskreisen des Festivals, das sich fest in Rheinhessen und ganz Rheinland-Pfalz verankert sieht. Weil „schließlich auch viele Politiker“ herkämen, (ein bisschen nichtkausaler Spaß muss sein) erhöht das Land den Zuschuss um 30.000 auf 680.000 Euro, was die höchste Festivalförderung in Rheinland-Pfalz bedeutet. Schön für Worms freilich, aber auch ein Armutszeugnis für die bundesweit zu Recht belächelte Landeskulturpolitik aus Mainz.

Nibelungenfestspiele in Worms vom 15. bis 31. Juli 2022

  • hildensaga. ein königinnendrama“, eine Uraufführung des österreichischen Dramatikers Ferdinand Schmalz in der Regie von Roger Vontobel, ist nach der pandemiebedingten Verschiebung von 2020 und der „Luther“-Unterbrechung zum Reichstagsjubiläum 2021 zu sehen von 15. bis 31. Juli 2022, vor dem Nordportal des Wormser Kaiserdoms.
  • Beginn ist jeweils um 20.30 Uhr. Der Zugang erfolgt über den Heylshofpark. Tickets kosten je nach Kategorie zwischen 29 und 139 Euro. Gebucht werden können sie online unter den jeweiligen Terminen der Homepage nibelungenfestspiele.de
  • Telefonisch bestellt werden können Karten von Montag bis Samstag von 9 bis 18 Uhr bei der Ticket-Hotline 01805/33 71 71 (0,14 E/Min. aus dem dt. Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min) sowie bei allen Vorverkaufsstellen. Besucher der Inszenierung erhalten bis zum 31. Dezember 2022 im Nibelungenmuseum einen ermäßigten Eintrittspreis von 3,50 Euro gegen Vorlage ihrer Eintrittskarte.

Doch zurück zur Kunst, die „heuer“ viel versprechend ist. Das alpine Wort ist passend, denn mit dem Österreicher Autor und Nestroy-Preisträger Ferdinand Schmalz, dem Schweizer Regisseur Roger Vontobel sowie einer ganzen Mimenriege aus Bern, Basel und vom Burgtheater ist ein „heuer“ auch am Rheine statthaft. Das Nibelungenlied steche aus der mittelalterlichen Epen dadurch hervor, dass es ein Heldinnendrama sei, erklärt Schmalz seinen Ansatz um Macht und deren mythische Verklärung, deren systemische Strukturen und Instrumentalisierungsmechanismen wiederum Regisseur Vontobel besonders interessieren.

„Die Nornen empowern sich“, sagt er und stellt das (abwesende) -„musikalisch verstärkt“ angelegte - nordische Schicksalsfadenweberinnen-Trio namentlich vor: Sonja Beißwenger, Lia von Blarer und Susanne-Marie Wrage. Sie haben eine entfernte Riesentante, die (als Filmeinspielung) ein Wiedersehen mit Nibelungen-Initiator und Schauspiel-Promi Mario Adorf ermöglicht, da ist man im Saal begeistert.

Überhaupt gibt es einige alte Nibelungenbekannte, führte Vontobel doch schon 2018 in Worms Regie und hat einige Recken erneut engagiert. Ein Wiedersehen gibt es mit Werner Wölbern, der vom Hagen zum Wotan wird, oder mit Felix Rech, der als Siegfried gleich Humor mit auf die Bühne bringt.

Beliebte Wiederholungstäter

Als König Gunter steht ihm Franz Pätzold zur Seite und als Hagen bringt sein dänischer Kollege Olaf Johannessen internationales Flair mit an den Rhein. Aus dem Land der Dänen wähnen wir weitere Wiederholungstäter... Richtig, Bühnenbildner Palle Steen Christensen, eben jener Konzeptraumkünstler, der 2018 aus der Domfassade eindrucksvoll Gesichter wachsen ließ. Nun geht er ins Wasser: eine spiegelnde isländische Wasserfläche im ersten, eine dekadent-rheinhessische Pool-Landschaft im zweiten Teil.

Hier treffen, so Vontobel, „Wonderwoman auf Aquaman“. Thomas Laue spricht vom „aufwendigsten Bühnenbild, das wir hier je hatten“ - die Proben am 30. Mai beginnen folgerichtig mit einem Tauchkurs für einige der auf- und abtauchenden Schauspielerinnen und Schauspieler. Das klingt ebenso spannend wie die eindrucksvolle Lesung der Szene „königinnenverschwesterung“ der „beiden Hilden“ Gina Haller und Genija Rykova. Es geht um Relevanz. So betont Nico Hofmann trotz Pool und Heylshofpark und (hoffentlich lauschigen) Heylshofnächten: „Wir wollen eine echte Auseinandersetzung und keinen Wohlfühlclub!“

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.

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