Früh in seiner Karriere lief Gregory Peck Gary Cooper über den Weg. Peck hatte gerade mal zwei Filme gedreht, Cooper 62. Auf die Frage des alten Hollywood-Haudegens, wie die Filme denn gewesen seien, antwortete der junge Kollege: "Einer gut, einer schlecht." "Da liegst du besser im Rennen als die meisten von uns", soll Cooper trocken geantwortet haben. Wesentlich mehr gute als schlechte Filme zeichnen Pecks Karriere aus, er war in zahlreichen Parts zu sehen, mit denen er Filmgeschichte geschrieben hat.
Als Psychiater litt er in Hitchcocks "Ich kämpfe um dich" an Gedächtnisverlust, neben Jennifer Jones war er in King Vidors "Duell in der Sonne" zu sehen. Zur See fuhr er als Kapitän Horatio Hornblower in "Des Königs Admiral", als besessener Kapitän Ahab jagte er unter John Hustons Regie den weißen Wal "Moby Dick", mit Audrey Hepburn kurvte er auf dem Roller in "Ein Herz und eine Krone" durch Rom. Nicht zu vergessen sein Auftritt als Südstaatenanwalt Atticus Finch, der in "Wer die Nachtigall stört" einen der Vergewaltigung einer Weißen bezichtigten Schwarzen vor Gericht verteidigt - mit einem Oscar als bester Hauptdarsteller als gerechten Lohn.
Beliebter Westernheld
Groß - 1,91 Meter - , dunkelhaarig, integer, schweigsam, moralisch unanfechtbar, intelligent und aufrecht, das waren die Merkmale des am 5. April 1916 in La Jolla, heute Teil von San Diego, geborenen Eldred Gregory Peck. Über mehrere Jahrzehnte war er einer der führenden Stars der Traumfabrik. Durchschnittsbürger, die notfalls über sich hinauswachsen, waren seine Spezialität. Man erinnere sich an seinen Familienvater in "Ein Köder für die Bestie", in dem er gegen Robert Mitchum kämpft.
Diese Qualitäten, gepaart mit einem gewissen Stoizismus, haben ihn natürlich auch fürs amerikanischste aller Genres, den Western, prädestiniert. Entsprechend bestechend ist er als "Der Scharfschütze" (1950), für große Aufregung sorgte hier zudem der in der Presse breitgetretene Streit um seinen (Bösewicht)-Schnurrbart. Dutzendfach hat man ihm daraufhin ähnliche Rollen angeboten, Peck lehnte ab - unter anderem auch Coopers Sheriff in "Zwölf Uhr mittags". Er wollte sich in keine Schublade stecken lassen.
Das musste er auch nicht, gleich von Anfang an war er im Filmgeschäft erfolgreich, deshalb auch an kein Studio gebunden, konnte sich Regisseure wie Partnerinnen aussuchen. Zu seinen Förderern zählte der legendäre "Vom Winde verweht"-Produzent David O'Selznick, der ihn etwa in "Der Fall Paradin" besetzte. "Ingrid Bergman stand damals ganz oben auf der Karriereleiter; dadurch hatte ich gewissermaßen einen Freifahrtsschein - ich durfte mich ihrer riesigen Anhängerschaft präsentieren", erinnerte sich Peck.
Und auch an den Rat, den ihm der berühmte Walter Huston auf die Frage gab, was einen guten Schauspieler denn ausmache: "Sohn, liefere ihnen immer eine gute Show und reise erster Klasse." Das mit der ersten Klasse hat Peck im späteren Berufsleben als Spitzenverdiener seiner Zunft wohl genossen - 250 000 Dollar plus zehn Prozent vom Bruttoumsatz kassierte er 1962 für "Wer die Nachtigall stört" -, der guten Show war er als Mann des Theaters ohnehin von Anbeginn verpflichtet.
Das Medizinstudium hatte er abgebrochen, dank eines Stipendiums zwei Jahre lang an der New Yorker Neighborhood Playhouse School of Dramatics studiert. Er war wie Marlon Brando oder Robert De Niro ein "Method Actor", laut Konstantin Stanislawski und Lee Strasberg soll der Darsteller da durch psychologische Einfühlung zu einer möglichst vollständigen Identifikation mit seiner Rolle gelangen. In rund fünfzig (Repertoire-)Stücken und drei Broadway-Inszenierungen hatte er mitgewirkt, ehe er 1944 von Jacques Tourneur für "Days of Glory" vor die Kamera geholt wurde.
Auch in Deutschland geehrt
Rund 60 Produktionen umfasst seine Filmographie, einer seiner schönsten Parts ist der des Ägyptologen neben Sophia Loren im Thriller "Arabesque", eine wunderbare Altersrolle übertrug ihm Luis Puenzo 1989 als "Old Gringo". Barbara Kopple ("American Dream") drehte mit dem zweimal verheirateten Vater von fünf Kindern die Dokumentation "A Conversation with Gregory Peck", die 2000 in Cannes präsentiert wurde. In Deutschland wurde der introvertierte, eher öffentlichkeitsscheue Mime 1993 mit dem Goldenen Bären und 1998 mit dem Deutschen Filmpreis geehrt. Gregory Peck starb am 12. Juni 2003 im Alter von 87 Jahren.
Mehr als "Moby Dick" - unsere Auswahl der besten Peck-Filme
- "Duell in der Sonne" (1946) von King Vidor: Eine Halbindianerin verdreht zwei Ranchersöhnen den Kopf.
- "Tabu der Gerechten" (1947) von Elia Kazan: Das dreifach Oscar-prämierte Drama prangert den Antisemitismus in den USA an.
- "Der Scharfschütze" (1950) von Henry King: Psychologischer Western um einen müde gewordenen Revolvermann, der sich zurückziehen will.
- "Ein Herz und eine Krone" (1953) von William Wyler: Romanze über eine eigensinnige Prinzessin, die sich in einen US-Reporter verliebt.
- "Wer die Nachtigall stört" (1962) von Robert Mulligan: Mit drei Oscars ausgezeichnete Adaption von Harper Lees Bestseller. Peck besticht als integerer Anwalt Atticus Finch.
- "Arabesque" (1966) von Stanley Donen: Humoristisch aufgelockerter Thriller um einen Oxford-Professor, der durch einen Auftrag eines arabischen Ölmillionärs in eine Agentenfehde verstrickt wird.
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