Des letzten Protest-Verstärkers gegen die Nobelpreisvergabe an Peter Handke hätte es wahrlich nicht bedurft. Der türkische Präsident Erdogan, dem man selbst ja keine weiße politische Weste bescheinigen wird, meinte, mit Handke werde ausgerechnet am Tag der Menschenrechte ein Rassist geehrt. Pünktlich zur Preisverleihung in Stockholm hat es vor Ort noch einmal Demonstrationen gegeben, wurde die Kritik an Handkes Sympathiebekundung für Serbien und das untergegangene Jugoslawien erneuert. Handke aber hat sich nicht entschuldigt für sein Engagement; er hat es wiederholt als Literatur verteidigt und gesagt, er halte nichts von bloßen Meinungen.
Handke ist einer, der es mit der Kunst ernst nimmt, ein sensibel Wahrnehmender eigentlich, ein Schöpfer poetischer Meditationen – und er ist dafür mit dem Preis für Literatur geehrt worden. Warum nicht? Den Friedensnobelpreis hätte man ihm kaum angetragen. Und dass die Entscheidung nicht revidiert würde, war ja wohl immer klar. Handkes Beharren mag trotzig erscheinen und bedauert werden. Bedauern muss man aber auch, dass die Diskussion um ihn die zweite Preisvergabe, die nachgeholte an Olga Tokarczuk, überlagert hat. Der 77-jährige Handke prägte die Literatur der vergangenen 50 Jahre. Tokarczuk (57) ist eine Weltautorin von heute.
Wer sich davon überzeugen will, lese etwa ihren Roman „Unrast“. Er handelt in kleineren und größeren Zusammenhängen auf faszinierende Weise von einem Phänomen der globalisierten Gegenwart. Tokarczuk versteht sich wie Handke nicht als politische Autorin. Einen Teil der Preissumme spendet sie aber für Organisationen, die sich für Menschenrechte, Kunst und Tierschutz einsetzen. Und gewidmet hat sie die Ehrung der demokratischen Bewegung in Polen.
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