Schauspielkritik

Theaterakademie Mannheim: Köstliche Szenen zwischen Schauspieler und Regisseur

Die Abschlussklasse der Theaterakademie Mannheim zeigt Lutz Hübners „Gretchen 89ff“ im Theater Felina Areal

Von 
Christina Altmann
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von links nach rechts: Vanessa Silva Bauer, Elena Tatarakes und Hagen Lutz © Wolfgang Detering

Mannheim. Es ist kein Geheimnis: Zitate unseres Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe mußten schon für etliche Aussprüche herhalten. Der vielseitige Dramatiker, Schauspieler und Regisseur Lutz Hübner („Frau Müller muß weg“) hat seine 1997 uraufgeführte Komödie „Gretchen 89ff“ auf einer Passage aus Faust I aufgebaut, die einen köstlichen Einblick in die Probenarbeit zwischen  Regisseur und Darsteller sowie in das Theaterleben schlechthin gibt. Die Siebente Klasse der Mannheimer Theaterakademie profilierte sich mit diesem Stück für ihre Abschlussprüfung und entlockte bereits den Premierebesuchern im Felina-Areal herzhaftes Lachen und Applaus.

Kästchenszene aus dem "Faust", ab Seite 89

Es ist die Kästchenszene aus dem Faust Seite 89ff. Faust entbrennt nach seiner Verjüngung in der Hexenküche in voller Leidenschaft zu Gretchen. Um ihre Zuneigung zu gewinnen, bittet er Mephisto, ihr ein Kästchen mit Schmuck ins Zimmer zu legen. Als das sittsame Mädchen zurückkommt, wird ihr ganz seltsam zumute: „Es ist so schwül, so dumpfig hie …es wird mir so, ich weiß nicht wie“ – ein Satz, der sicher allen Besuchern dieses Abends als Ohrwurm nach hause begleitet.

Denn die Schauspielerinnen, die sich zum Vorsprechen für die Rolle eingefunden haben, werden damit vom Regisseur zur ewig geänderten Artikulation gezwungen. Die naive„Anfängerin“, noch völlig in der Theorie verhaftet, und die stets empörte „Diva“, sind den Launen der Regisseure ausgeliefert. Mal ist es der „alte Haudegen“, der alles schon gespielt hat und das Neue schlecht findet, mal ist es der „Freudianer“, der die Schauspieler mit peinlichen Fragen verwirrt und in allem phallische Symbole sieht.

Bekannte Zitate

Dann wieder ist es das „Tournierpferd“, der Prototyp eines Wiener Heurigenbesuchers, der völlig unwissend vom Stück aber zufrieden, lobend die Darstellerin umgarnt. Umwerfend ist auch der „Streicher“, der alles kürzt und aus Goethes Szene ein nicht wiederzuerkennendes Fragment macht: „Schwül ist es irgendwie und Mutter ist nicht da“. Das Kästchen ist gestrichen, ebenso wie das Lied „Es war ein König in Thule“ und das bedeutende Zitat „Nach Golde drängst, am Golde hängt doch alles – ach ihr Armen“.

Unter der Regie von Magdalena Schönfeld ist hier eine Aufführung gelungen, in der Vanessa Silva Bauer, Elena Tatarakes und Hagen Stolz in wechselnden Rollen brillierten, wenn auch die Sprache teilweise von der Technik (Leandro Labantey) übertönt wurde.

Info: Weitere Aufführungen im Theater Felina Areal: am 1.3., 2.3., 3.3. und 4.3. jeweils 20 Uhr, sowie am 5.3. um 18 Uhr.

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