Enjoy Jazz

Tania Giannouli und Nik Bärtsch ergänzen sich in Ludwigshafen

Die Pianistin und der Pianist waren Artists-in-Residence beim Enjoy-Jazz-Festival 2022. Damals lernten sie sich auch persönlich kennen. Im BASF Gesellschaftshaus profitiert auch das Publikum von dieser musikalischen Begegnung

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Nik Bärtsch und Tania Giannouli im BASF Gesellschaftshaus. © M. Rinderspacher

Na, dann Prost: Ein „warmer, erdiger Geschmack“ soll auf der Zunge spürbar sein, wenn dieses Duo spielt, verspricht uns der Veranstalter. Im Verlauf des Enjoy Jazz-Konzerts Tania Giannoulis und Nik Bärtschs im vollbesetzten Ludwigshafener Gesellschaftshaus ist an den Höhepunkten und Verdichtungen durchaus ein synästhetisches Erlebnis registrierbar, das die Sinne schärfen kann. Auch wenn es sich, konzertüblich, nicht primär auf die Zunge legt.

Die Pianistin und der Pianist waren Artists-in-Residence beim Festival 2022. Damals lernten sie sich auch persönlich kennen. Eine hohe Meinung voneinander hatten sie bereits zuvor, und so entstand der Wunsch, einmal gemeinsam aufzutreten. Schon im Januar gab es ein Clubkonzert in Zürich, Nik Bärtschs Heimatstadt. Aber die „richtige“ Premiere finde erst bei Enjoy Jazz statt, schmeichelt das Klavierduo den hiesigen Programmmachern.

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Die beiden Flügel – ohne Deckel – sind zentral im Saal platziert, das Publikum sitzt drum herum. Der Sound steht also stets im Zentrum des Geschehens, und er ist von jedem Platz aus in fast gleicher Güte zu vernehmen. Zu Beginn skizziert Tania Giannouli eine wellenförmige Bewegung in der mittleren Klavier-Lage, während Nik Bärtsch als „Schlagzeuger“ agiert. Ein Drum-Set hat er freilich nicht dabei, deswegen muss der Flügel daran glauben. Der ist streng genommen wirklich eine Art Percussion-Instrument, hat eine Jazz-Vergangenheit als Teil der sogenannten Rhythmusgruppe. Doch bei dieser strikten Arbeitsteilung bleibt es nicht. Der Zuschnitt der Musik ist stark von dem geprägt, was Bärtsch mit seinen Formationen Mobile und Ronin schon seit über zwei Jahrzehnten macht.

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In letzter Zeit hat er sein „modulares“ musikalisches System aus „Patterns“, deren Phrasen und Motive immer wieder anders kombiniert und überlagert werden, häufiger auch solo vorgestellt. Es will mit minimalen Mitteln eine maximale Wirkung evozieren, nennt sich „rituelle Groove-Musik“ und ist beeinflusst von der Zen-Kultur aus Japan. Etwas esoterisch ist das Ganze also schon.

Natürlichkeit statt Verfremdung

Aber vor allem sinnlich. Diesbezüglich ist Tania Giannouli eine ideale Partnerin für Bärtsch: Die Griechin punktet mit der Tugend eines leichten, aber klaren Anschlags, der auch an der klassischen Klaviermusik geschult ist. Die zwei Instrumente sind in vielfältiger Weise präpariert, das Drahtgeflecht in ihrem Inneren darf häufig nicht frei ausschwingen – und doch ist alles sehr fein ausgehört und schafft so neue Schönheiten. Setzt eher auf Natürlichkeit als auf Verfremdung. Gleichwohl wird erkennbar, dass Steve Reich, John Cage und Morton Feldman wichtige Bezugspersonen dieses Duos sind. Besonders aber für Nik Bärtsch.

In den gelungensten Momenten des Konzerts entsteht ein Sog, ein Groove von fast hypnotischer Gewalt. Es ist die seltsame Magie des Monotonen, viele Stücke könnten ewig weitergehen. Doch sie reißen manchmal unvermittelt ab, mit einer scharfen Bruchkante. Selbst da ist sich das Duo aber völlig einig. Diesen Auftritt habe man „in Ruhe ausgeheckt“, sagt Bärtsch. Das Spielverständnis ist in jedem Fall schon jetzt fast blind. Tania Giannouli könnte musikalisch eine feste Partnerin des Schweizers werden. 

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