Mannheim. Da war wohl doch mehr Krach hinter den Kulissen des Mannheimer Midcareer Awards als bislang von offizieller Seite eingeräumt. Wie sonst ist es zu verstehen, dass sich Kulturbürgermeister Thorsten Riehle am Freitagabend vor dem Künstlergespräch mit Preisträger Michael Volkmer im Kunstraum Port 25 bei den Leiterinnen bedankte - dafür, dass man gemeinsam einen Weg gefunden habe, diese Ausstellung „weiterlaufen zu lassen“? Nicht alles sei ganz richtig, was man „in einer aufgeheizten Situation“ sage, so Riehle weiter.
Wie von dieser Redaktion berichtet, hatte Volkmer erklärt, er sei „von der Ausstellungsinstitution“ beschimpft worden, als er bekannt gegeben hatte, dass er das Preisgeld des Awards nicht annehmen würde. Er begründete dies mit der NS-Vergangenheit von Heinrich Vetter (1910-2003), dessen Stiftung gemeinsam mit dem Kulturamt der Stadt Mannheim den Award vergibt.
Großer Publikumsandrang bei Künstlergespräch
Zum Glück hat letztlich die Vernunft gesiegt, und das ist gut so. Denn Volkmer hat dem Ausstellungsraum durch seine Werke eine ganz eigene, faszinierend kathedrale Anmutung verliehen. Dass sich an diesem Abend mehr als hundert Gäste einfanden, zeigt die große Wirkkraft dieser Kunst. Kim Behm vom Port 25 verwies bei ihrer Begrüßung auf einen anderen wichtigen Aspekt: Sie betonte, der neue Preis sei in Zeiten harter Sparmaßnahmen initiiert worden.
Die Kommunen seien nicht mehr in der Lage, die für Kultur nötige finanzielle Ausstattung zu liefern, zeigte Riehle sich besorgt. Es gelte daher, neue Kooperationen einzugehen und sich zu vergewissern, welche Rolle Kultur spielen solle. Sie sei eine Grundlage der Demokratie. Ausdrücklich würdigte er, wie Volkmer als Künstler Standpunkte vertrete und Haltung zeige. Markus Haas vom Vorstand der Vetter-Stiftung pflichtete ihm bei und hob hervor, dass die Stiftung dem Pluralismus der Meinungen und auch kritischen Stimmen stets Respekt zolle.
Einblicke in Volkmers Schaffen gab dann das Künstlergespräch mit René Zechlin, Direktor des Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museums. Dabei war zu erfahren, dass die wunderbare Rosette aus beleuchteten Pkw-Radzierblenden nur auf Wunsch der beiden Port25-Kuratorinnen von ihm installiert wurde. Er habe gar nicht daran gedacht, so Volkmer. Auf die Frage, wie er solche Versatzstücke auswähle, sagte er, das geschehe oft zufällig. So habe sein Sohn vor Jahren eine Radkappe nach Hause gebracht und wollte sie in seinem Zimmer aufhängen. Irgendwann sei ihm die Idee gekommen, sie zu beleuchten.
Spirituelle und politische Aspekte
In Allerweltsprodukten wie Flaschen stecke viel Design, bei allem Seriellen seien sie einzigartig, erklärte Volkmer. Als reizvoll empfinde er den „skulpturalen Charakter“ dieser Gegenstände. Gezielt geht er aber bei der künstlerischen Transformation der Fundstücke vor. So entstand sein „Detonator“, ein vergoldeter, umgedrehter Cocktailbecher, der aussieht wie eine Granate, als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine. Überraschend war Volkmers Eingeständnis seiner Faszination für barocke Kunst und das Christentum „als Grundlage unserer Kultur“. Doch er ist auch ein politischer Künstler: Sein Flaschenturm entstand als Persiflage auf ein Kaiser-Wilhelm-Denkmal.
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