Es begann am Sonntagmittag und lief bis in die Nacht. Sat.1, ProSieben und der RBB übertrugen stundenlang für ein Millionenpublikum, vor der Bühne am Brandenburger Tor tummelten sich immer wieder Zehntausende, um Auftritte von Stars wie Marius Müller Westernhagen, Peter Maffay, Stefanie Klos von Silbermond, Sarah Connor, Adel Tawil, Mark Forster, David Garrett, Rea Garvey, Clueso, Joris, Fatoni & Mine, Michael Patrick Kelly, Hartmut Engler, Revolverheld, The BossHoss, dem Mannheimer Rolf Stahlhofen oder Mal Élevé aus Heidelberg live zu erleben. Am Ende stand ein Spendenergebnis von über 12,5 Millionen Euro - viel erfolgreicher als „Sound Of Peace“ kann eine als Kundgebung angemeldete Solidaritätsaktion kaum laufen. Und dahinter steht nicht wie so oft ein Branchenriese wie Marek Lieberberg. Stattdessen hat - der Titel Sound Of Peace“ deutet es dezent an - das Team des Odenwälder Festivals Sound Of The Forest (SOTF) das All-Star-Event in Berlin auf die Beine gestellt.
Schon kurz nach Kriegsbeginn hatten die Macher aus Bad König via Facebook ihre große Betroffenheit über die Bilder aus der Ukraine zum Ausdruck gebracht - und den Worten schnell Taten folgen lassen. In so kurzer Zeit im 600 Kilometer entfernten Berlin eine solche Großveranstaltung auf die Beine zu stellen, ist keine Kleinigkeit. Auch, weil wegen der Pandemie Bühnen- und Technikpersonal selten geworden und dementsprechend schwer zu bekommen ist. „Wie wir das hinbekommen haben, fragen wir uns auch noch“, sagte Fritz Krings, Vorsitzender des Vereins Sound Of The Forest, am Montag noch hörbar geschafft im Gespräch mit dieser Redaktion.
„Das Thema war einfach motivierend für alle Beteiligten. Viele Künstlerinnen und Künstler haben schon zugesagt, bevor die Produktion stand oder überhaupt der Ort klar war. Dann haben wir es in nicht einmal zwei Wochen einfach organisiert.“ Was man brauche, sei im Prinzip ja wie bei jedem Festival: „Bühne, Künstler, Anlage und ein bisschen Licht. Es war jetzt nur ein bisschen größer“, erklärt er lachend.
„Künstler kamen auf uns zu“
Das Zauberwort heißt Netzwerk. Wer über Jahre ein hochgeschätztes Festival wie SOTF erfolgreich organisiert und wie Krings an der Mannheimer Popakademie studiert hat, verfügt über ein sehr gut besetztes Branchentelefonbuch. Und auch die dazugehörige Produktionsfirma Peripherique hat längst bundesweit einen guten Namen; unter anderem dank der aufwendigen Multimedia-Liveshows von Bestseller-Autor Sebastian Fitzek. „Am Ende kamen die Künstler auf uns zu und wollten dabei sein. Die kleineren Bands kannten die großen, so hat sich das verbreitet.“ Die Odenwälder hatten bis zu Beginn der Pandemie auch ein Büro in der Hauptstadt, so dass sie auch über ein funktionierendes Netzwerk in Berlin verfügen - zu den Firmen, die sich mit Großveranstaltungen am Pariser Platz auskennen.
Die Erwartungen hat „Sound Of Peace“ um ein Vielfaches übertroffen: „Klar! Sie wissen ja, wo wir herkommen: aus dem Odenwald.“ Ursprünglich wollte man in Mannheim und/oder Frankfurt ein Friedenskonzert machen. „Dann wurde uns aber klar, dass eine Kundgebung mit großem Wortanteil das richtige Format ist. Von der Künstlerin Maidline Aurie kam die Idee, ans Brandenburger Tor zu gehen.“ Dann war die Parole: „Mal gucken, wie weit wir kommen. Am Ende hat sich alles gefügt - mit über 12,5 Millionen Euro an einem Tag, gesammelt zusammen mit den Leuten vom Fernsehen. Das ist schon gigantisch.“ Offiziell ist von bis zu 40 000 Zuschauerinnen und Besuchern die Rede. Krings schätzt, dass über den Tag verteilt mindestens eine halbe Million Menschen bei der Kundgebung gewesen seien. Ganz ohne Risiko war das Großprojekt anfangs nicht: „Die ersten Technik-Rechnungen beliefen sich auf 250 000 Euro. Da haben wir mal angezahlt und auf Partner und Spenden gehofft.“ Aus der pandemiegeplagten Veranstaltungsbranche war das Echo erwartbar gering, „einen Tag vor dem Event war klar, dass sich die Medienpartner an den Produktionskosten beteiligen.“
Natalia Klitschko bewegt
Zu den großen Höhepunkten des zehnstündigen Programms zählen Westernhagens gefeierte Hymne „Freiheit“ und eine bewegende Ansprache von Natalia Klitschko, Ehefrau des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, Laut Krings soll Berlin nur der Anfang von „Sound Of Peace“-Aktionen sein: „Wir denken noch über eine Aktion in Mannheim nach. Und im Prinzip kann jeder in Europa ein Konzert machen und Geld sammeln. Wir bringen das dann in die Ukraine.“ Gespendet werden kann über sound-of-peace.com oder direkt an die „Aktion Deutschland Hilft“ (10-Euro-Spende mit einem Anruf bei der Telefonnummer 0180/2 28 22.
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