Zugegeben: Der Ansatz dieses Abends im Mannheimer Rosengarten ist beneidenswert. Statt den Kult der Ermittlerfigur Sherlock Holmes einfach nur als Emblem für eine eigentlich ganz andere Geschichte zu benutzen, steht die „Next Generation“ - die kommende Generation - großer Kriminalisten ganz im Zeichen der Legende (Ethan Freeman). Und die residiert fein in ihrem Londoner Apartment, samt Haushälterin und Allzeit-Assistent Dr. Watson (Matthias Otte) an seiner Seite.
Als dann das unvermeidliche Verbrechen über die britische Metropole hereinbricht, ein Mord zwischen Diamantenraub, ägyptischer Mythologie und untergründigen Parallelstrukturen ins Spiel kommt, titeln die Zeitungen schon, der große Holmes habe es vielleicht nicht mehr drauf. Denn ganz im Hintergrund hat sich John (Florian Minnerop), ein smarter Herr mit imposanter weiblicher Unterstützung, längst herangepirscht, um den ungeklärten Todesfall auf seine ganz eigene Art und Weise zu lösen.
Erstaunlicherweise - und das muss man dieser gut zweistündigen Produktion zugutehalten - gelingt es dieser Koproduktion aus Hamburg und München, die Geschichte so zu erzählen, dass John nicht ohne Holmes, Holmes aber auch nicht ohne John zur großen Lösung kommt. Wenn wir so wollen, ist die „nächste Generation“ also ein Wechselspiel aus Konkurrenzkampf und stiller Patenschaft.
Besser kein Musical
Auch über die Besetzung kann man sich nicht beklagen. Ethan Freeman gibt einen zwar immer wieder leicht in seinem Stolz verletzten, aber zumeist souverän agierenden Watson, Florian Minnerop ist ein dynamischer Beau, dem man die Rolle des Nachfolgers fast schon spielerisch zutraut, und auch Catherine, die Femme fatale an Johns Seite, findet in Alice Wittmer eine würdige Verkörperung. So betrachtet ist dieses Stück ein Ausritt in neue Abenteuer, der auf der stilvoll geschwungenen Bühne durchaus seine Unterhaltungswerte vermittelt.
Das Problem der ganzen Produktion: Sie ist eigentlich kein Musical - und sollte besser auch keines sein. Einerseits, weil die Musik viel zu wenig von der eigentlichen Brisanz des Falls vermittelt - andererseits, weil die Titelrollen sich, allen schauspielerischen Leistungen zum Trotz, allesamt nicht wirklich aufs Singen verstehen. Hätte man das durch einen dramaturgischen Schwenk in Brecht/Weillsche-Bänkelsang-Unterstützung deutlich gemacht: Die Produktion hätte nur zu gewinnen gehabt. So jedoch verfolgt ein leider nur spärlich besetzter Mozartsaal ein Theaterstück mit Musik, das solide daherkommt, aber sehr viel mehr hätte sein können.
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