Jeder Garten ist ein kleines Paradies auf Erden. Er ist Zeitgeistfolie und Spiegelbild der menschlichen Kultur. Für das aufstrebende Bürgertum des 19. Jahrhunderts war der inszenierte Garten Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins. Öffentlich zugängliche Parks, die damals nach englischem Vorbild überall in Kurorten wie Bad Ems, Karlsbad, Wiesbaden und natürlich in Baden-Baden entstanden, waren stadtnahe gärtnerische Kompositionen, die Landschaftsgemälden glichen.
Sie waren die Bühne für den großen Auftritt des Bürgers: Hier flanierte er elegant gekleidet, hier wurden zarte Liebesbande geknüpft, und hier saß man müßig oder politisierend bei Kaffee und Zigarre. Im Park war der Bürger ein König! Diesem neuen bürgerlichen Spielplatz, in dem sich Zivilisation und Natur, Künstlichkeit und Wildwuchs, Hochkultur und Entspannung harmonisch miteinander verknüpfen, widmet sich das Museum LA 8 in Baden-Baden. Unter dem Titel "Natur und Kulisse" wagt die Ausstellung mit hochkarätigen Exponaten den faszinierenden Blick auf die bürgerliche Welt von gestern: Dargestellt in Gemälden von Gustave Courbet und Wilhelm Schirmer sowie den Lebenszeugnissen weltberühmter Dichter und Musiker.
Der Geldadel zeigte sich
Man sieht Haute Couture für den Parkspaziergang der Dame und viel Glamour einer bürgerlichen Gesellschaft, die sich selbst im Kulissenraum Park mit Kurmuschel und Konversationshaus einer strengen Etikette unterwarf. Baden-Baden mit dem wunderschönen Park an der Lichtentaler Allee ist natürlich der ideale Ort für eine solche Schau.
Das Museum LA 8 trägt die Lichtentaler Allee als Kürzel in seinem Namen und ist damit im Zentrum des historischen Ortes. Im 19. Jahrhundert war der Park ein Treffpunkt für die neue kosmopolitische Gesellschaft: Der Geldadel zeigte sich hier, Erholungssuchende, die Glücksspieler und reiche Mätressen, man sah einflussreiche Architekten und Landschaftsplaner, bedeutende Musiker wie Johannes Brahms und berühmte Literaten wie Fjodor Dostojewski. Und natürlich waren hier auch gekrönte Häupter wie Kaiser Wilhelm I. und Napoleon III zu Gast; sie verliehen dem bürgerlichen Kontext "Glanz und Gloria".
Damals entstanden anspruchsvolle Bauvorhaben wie zum Beispiel die Trinkhalle von Friedrich Weinbrenner, die Kunsthalle von Herrmann Billing, die wunderschönen Villen und die imposanten Grand- Hotels am Rande der Oos. Bis heute hat dieser Ort, der eigentlich keine spektakulären Attraktionen bietet, sondern nur durch kluge Architektur- und Landschaftsplanung bezaubert, nichts von seiner touristischen Magie verloren.
Noch immer trifft man sich hier, um zu genießen und ein wenig Kunst zu naschen. Ganz wichtig: Sehen und gesehen werden! Das Wasser der Oos rauscht sanft, die Sonne lächelt. Immer noch wunderschön: "Natur und Kulisse" in Baden-Baden.
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