Kunst

Schau mit Riesenbaby in der Kunsthalle Mannheim

Der Bildhauer Niclas Riepshoff hat den Förderpreis der Rainer-Wild-Stiftung erhalten. Im Studio der Kunsthalle Mannheim ist nun sein raumfüllendes Werk "Baby" zu sehen

Von 
Christel Heybrock
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Der Bildhauer Niclas Riepshoff neben seiner Skulptur „Baby“ im Studio der Mannheimer Kunsthalle. © Manfred Rinderspacher

Dass der Heidelberger Unternehmer und Kunstsammler Rainer Wild auch ein Herz für Künstler unter 35 Jahre hat, weiß die Welt seit 2015 – da wurde der Förderpreis seiner Kunststiftung erstmals vergeben. Auf Wunsch des Stifters, der sich bei der aktuellen Preisverleihung durch Sammlungskuratorin Annika Kouris vertreten ließ, wird die Ehrung seit 2020 in der Mannheimer Kunsthalle veranstaltet. Der 1992 in Bremen geborene Niclas Riepshoff nahm am Mittwoch freudestrahlend Urkunde und Blumenstrauß entgegen und konnte als weiteren Teil der Würdigung (nebst 5000 Euro) im Studio seine erste Museums-Einzelschau eröffnen.

„Baby“ heißt die Schau, die aus einem einzigen raumfüllenden Objekt besteht: einer aus Baumarktplatten konstruierten Bodenfigur. Nein, sie liegt nicht, sie hockt so da, wie ein Baby nun mal sitzen würde. Das ist freilich alles, was Riepshoff mit dem Thema verbindet – er hatte bisher kein Baby und sieht auch keinem entgegen.

Abenteuerliche Montage

Es ging ihm um ein in der Kunstgeschichte oft bearbeitetes, ambivalentes Thema; wer als Gegenwartskünstler tatsächlich Babys adäquat thematisieren würde, könnte einer gewissen Kitschgefahr erliegen. Und Riepshoffs „Baby“ ist auch derart konstruktivistisch-eckig in die Welt gesetzt worden, dass von geringsten organischen Rundungen keine Rede sein kann. Es ist schade, dass Kuratorin Pia Goebel, die den Künstler im Gespräch vorstellte, nicht anhand einer Bilderserie zeigen konnte, wie das Objekt entstand.

Es begann damit, dass Riepshoff sich im Mai für eine halbe Stunde im leeren Studio einschließen ließ, um sich mit den Raumproportionen vertraut zu machen. Mit einer kleinen Tonfigur ging es weiter. Die wurde digitalisiert, in Flächenelemente aufgeteilt und vergrößert, und die Platten aus dem Baumarkt wurden mit dem Maserboy bearbeitet, mit dem man Holzmaserungen vortäuschen kann, die einzigen organischen Formelemente bei „Baby“. Die Montage scheint abenteuerlich gewesen zu sein. Ein geplanter Kurs in Dachschindeltechnik erwies sich zwar als unnötig, doch zeitweise musste der Künstler in sein „Baby“ hineinkriechen, um von innen für Halt zu sorgen.

Eine Gruppe Kinder begutachtete das Werk bereits am Vormittag, fand es einschüchternd und an ein Trojanisches Pferd erinnernd. Riepshoff selbst zitierte diverse Assoziationen wie die mittelalterliche Schutzmantelmadonna, in deren Mantel sich die Gläubigen verkriechen, oder Kaninchen aus der Zoohandlung, die im durchlöcherten Karton transportiert werden: ohne zahllose Löcher für die Verbindungsstifte wäre das „Baby“ undenkbar gewesen. Es ist übrigens nicht Riepshoffs erstes: Seine „Three Poses for a Newborn“ 2018 in Wien beschäftigten sich ähnlich konstruktivistisch mit dem Motiv.

Freie Autorin MM Kulturredaktion 1974-2001, Fachgebiet Bildende Kunst

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