Heidelberg. Es ist doch immer wieder die alte Leier: Zwei verlieben sich ineinander, und konnten dennoch zusammen nicht kommen. Mal sind es Klassenunterschiede, dann wieder die Unvereinbarkeit der Charaktere, oder sie gehen sich nach kurzer Zeit schon auf die Nerven. Kurzum, das was wir Liebe nennen, ist meist nur ein kurzer Rausch, und die gute alte Vernunftehe hält im Regelfall länger. Auch im tschechischen Märchen „Rusalka“ muss die Titelfigur jene bittere Erfahrung machen, dass Träumerei an der Realität zerbricht. Sie ist ein Wasserwesen, der Mann ihrer Sehnsucht hingegen lebt auf der Erdenwelt. Nur durch Hexerei gelangt sie zu Seele und irdischem Dasein, doch ihr „Märchen“Prinz geht gleich fremd, und Erlösung erlangt Rusalka erst durch des Prinzen Tod. Am Theater Heidelberg hat die Inszenierung von Axel Vornam (Originalsprache mit deutschen Übertiteln) als Wiederaufnahme Premiere, kommt aber über eine, manchmal gefühlige Nacherzählung nicht hinaus. Möglicherweise hat die Bühnengestaltung von Tom Musch (Ring, Graben, Scheibe konzentrisch ineinander gefügt) seinen Spielraum für Personenführung eingegrenzt. Doch allerlei Licht- und Videospiele (Karsten Rischer und Stefan Bischoff) und wabernde Gazestoffe imaginieren geheimnisvolle Gewässer plus Himmel plus Mond. Den betet Rusalka in ihrem wunderbar innigen Wunschkonzert-Lied an, und die Besetzung mit der lyrischen Sopranistin Alyona Rostovskaya ist ein Glücksfall, weil sie in ihrer Partieführung facettenreichen Ausdruck mit stimmlichem Glanz einschließlich dramatischer Spitzentöne verbindet. Auch dass die Regie sie im ersten Akt fast durchgängig herumkrauchen lässt, hat sie scheinbar problemlos weggesteckt.
Sehnsuchtsvoll Verliebte
Chaz’men Williams-Ali hat als Prinz - endlich - seine überzeugende Partie gefunden. Sein Tenor wirkt stabil, farblich zwar etwas eindimensional, aber insgesamt sehr passabel. Magdalena Anna Hofmann stellt eine verführerische „fremde Fürstin“ dar, ganz in erotisches Rot gehüllt (Kostüme: Cornelia Kraske) während Zlata Khershberg als böse Hexe im exzentrischen Kostüm Bein zeigen darf und - wie auch die Fürstin - gut singt. Sehr gut gefallen hat, wie so oft, Wilfried Staber mit großem, raumgreifendem Bass als zauseliger Wassermann, dessen gute Ratschläge die sehnsuchtsvoll Verliebte in den Wind oder in die Wellen schlägt. Ipca Ramanovic (Jäger) und Katarina Morfa (quirliger Küchenjunge) komplettieren das Solistenensemble, letztere auch als Elfe gemeinsam mit Elina Kim und Kylee Slee, anfangs wie Wagners Rheintöchter anmutend.
Dirigent Leo McFall lässt es mit dem Philharmonische Orchester aus dem Graben heraus ordentlich krachen, er setzt auf zugespitzte, quasi naturalistische Akzente, doch manchmal hätte man sich in der Sänger-Begleitung auch ein sensibleres Piano gewünscht. Wolfgang Pichler verantwortet den gut aufgelegten Chor. Am Ende sehr viel Beifall, am heftigsten für die Titelfigur in einer Opernpremiere mit leichten Längen.
Wieder am 24.Juni, sowie 8. und 12. Juli. Karten: 06221/58200 00
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