Stadtgespräch

Podium diskutiert: Wie viel Kunst können wir uns (noch) leisten?

Ab Sonntag verwandelt das Lions Art Festival die Alte Schildkrötfabrik Mannheim in einen Ort der Kunst mit Workshops, Pop und Tanz - erstmals ist ein Podiumsformat dabei, bei dem auch Thorsten Riehle mitdiskutiert

Von 
Stefan M. Dettlinger
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Ein Ort der Kunst zwischen Romantik und industriellem Charme: die Alte Schildkröt-Puppenfabrik im Mannheimer Stadtteil Neckarau, wo die Lions Art und am Montag das „Stadtgespräch“ stattfindet. © J. Pappenhagen

Mannheim. Was vor vielen Jahren klein und fein begann, ist nun ein fünftägiges Festival in der Alten Schildkrötfabrik geworden – mit bildender Kunst, Poetry Slam, Indie-Pop und Tanz. Erstmals ist beim Lions Art Festival aber auch eine Podiumsdiskussion dabei, die die Mannheimer Clubs mit dieser Redaktion durchführen: Bürgermeister Thorsten Riehle, Künstlerin Eva Gentner, NTM-Intendant Tilmann Pröllochs, Stiftungsrätin Karin Heyl und Maifeld-Derby-Chef Timo Kumpf diskutieren über das Thema „Wie viel Kunst können wir uns (noch) leisten?“ – Ein Gespräch mit den Hauptorganisatoren Markus Haass und Wolfgang Hutt.

Herr Haass, Herr Hutt, die Lions Art expandiert offenbar ständig. Kunst, Poetry Slam, Tanz, Pop und vieles mehr. Wie hoch wollen Sie eigentlich noch hinaus?

Wolfgang Hutt: Was die Zukunft bringt, können wir nicht vorhersagen. Turnusgemäß wird die Federführung der nächsten Lions Art in den Händen eines anderen Clubs liegen. Ich bin überzeugt, dass wir ein großartiges Format haben, das immer wieder mit neuem Leben gefüllt werden kann. Immer größer, weiter, höher kann, muss aber nicht sein. Fester Kern bleibt aber auch in Zukunft die Förderung junger bildender Künstlerinnen und Künstler.

Aber wie kam es zu dieser Erweiterung von Kunst in die anderen Disziplinen und Gattungen?

Hutt: Mit dem Umzug in die Alte Schildkrötfabrik 2022 mussten die Räume neu bespielt werden. In diesem großzügigen und inspirierenden Ambiente wurde von den damals federführenden Jan Papenhagen und Stefan Loebner die Idee entwickelt, dafür auch die Kunstgattungen zu erweitern und Abendveranstaltungen und Workshops anzubieten. Ziel war, ein breiteres Publikum anzusprechen und junge Menschen an Kunst heranzuführen.

Das Lions Art Festival

  • Wolfgang Hutt, 1955 in Balingen geboren, ist bald 40 Jahre Unternehmer in Sachsen und Mannheim.
  • Markus Haass, 1959 in Mainz geboren, ist Chefarzt der Kardiologie am Theresienkrankenhaus.
  • Das Lions Art Festival: So, 16.06, 11 Uhr: Vernissage und Performance von haru apa. 19.30 Uhr: Chacán – Live Salsa Musik (15 Euro + VVK). Mo, 17.06., 19.30 Uhr: Stadtgespräch mit Thorsten Riehle, Tilmann Pröllochs, Eva Gentner, Timo Kumpf und Karin Heyl (Mod: Stefan M. Dettlinger, Eintritt frei, anmelden unter kurzlinks.de/zjfl). Di, 18.06., 19.30 Uhr: Poetry Slam mit Herold, Wagner, Ames, Neuhäuser, Luft (15 Euro + VVK. Do, 20.06., 19.30 Uhr: Jupyter – Indie-Popmusik (15 + VVK.). Fr, 21.06., 19.30 Uhr: Tanz mit Martina Martín (15 + VVK.)
  • Info: lions-art-mannheim.de

 

Funktioniert das mit den jungen Leuten, Herr Haass?

Markus Haass: Davon bin ich überzeugt. Die Workshops zu Poetry Slam, Singer Songwriter und Tanz, die wir nachmittags für Schüler und Schülerinnen anbieten, wurden so gut angenommen, dass wir die Plätze erweitern mussten. Auch der Foto-Workshop mit Mateo Hamann (ebenfalls Fotokünstler wie sein Vater Horst) für die jungen ARTgenossen, den jungen Förderkreismitgliedern der Kunsthalle, ist auf eine überaus positive Resonanz gestoßen. Zudem erhoffen wir uns durch regelmäßige Beiträge in den sozialen Medien, noch mehr junge Menschen für das Lions Art Festival zu erreichen und zu begeistern.

Wie kam es dann auch noch zur Idee, eine Podiumsdiskussion zu machen?

Hutt: Das ist tatsächlich ein ganz neuer Schritt. In Zeiten knapper Kassen, über die Bedeutung der Kunst und die Verteilung der knappen Mittel kontrovers zu diskutieren, erscheint uns im Rahmen eines Projektes zur Förderung junger Künstlerinnen und Künstler notwendig. Mit der Besetzung des Podiums sind wir sehr zufrieden und zuversichtlich, dem kulturinteressierten Publikum einen sehr interessanten und äußerst spannenden Abend zu bieten.

Die Lions Art ist ja schon ein Beispiel dafür, wie Kunst und Kultur auch finanziert werden kann; nämlich nicht öffentlich. Glauben Sie, dass die private Finanzierung weiter zunehmen wird?

Haass: Wir sind überaus glücklich darüber und sehr dankbar, dass wir – neben dem großartigen ehrenamtlichen Engagement zahlreicher Lions-Mitglieder – auch diesmal wieder auf dem Projekt verbundene Sponsoren bauen durften. Nur hierdurch wurde die Durchführung des Lions Art Festivals überhaupt ermöglicht. Ohne eine private Unterstützung wird es die Kultur auch künftig schwer haben. Ob die Unterstützung aber unter der weiterhin eher schwächelnden Wirtschaftslage in Deutschland in naher Zukunft zunehmen wird, muss leider bezweifelt werden.

Heißt das, Sie gehen davon aus, dass beide Unterstützer nachlassen: die öffentliche Hand und die Sponsoren und Mäzene?

Haass: Zukunftsprognosen sind immer schwierig. Es bleibt zu hoffen, dass zumindest das bisherige Niveau der Unterstützung aus öffentlicher Hand und durch Sponsoren sowie Mäzene erhalten bleibt. Entscheidend wird auch sein, welchen Stellenwert Kunst und Kultur für die Gesellschaft in Zukunft spielen wird.

Wie schätzen Sie die Thematik vor dem Hintergrund des Rechtsrucks in Europa und auch in den Kommunen ein? Die Rechtspopulisten hören wir ja eher selten mal über das Thema Kultur sprechen …

Haass: Die politische Entwicklung nicht nur in Deutschland ist erschreckend und alarmierend. Entscheidend ist und bleibt für die Kunst- und Kulturförderung, dass diese auch künftig nicht durch Ideologien geprägt sein darf. Kunst und Kultur müssen sich frei entwickeln, um als wesentliches Element zu einer lebendigen und weltoffenen Gesellschaft beitragen zu können.

Info: Anmeldung zum Stadtgespräch sind hier möglich.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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